Letztes Jahr hat es uns so gut gefallen, dass meine Freundin Julia und ich gerade wieder zu Gast im wunderschönen Landhaus MariaMaria in der Priegnitz in Brandenburg waren, wo es eine neue Ausgabe des Workshops „Wear it + Repair it“ mit der Textilkünstlerin Doris Runge gab. Wieder zwei Tage nähen, stopfen, flicken, stricken und neu machen, dazu köstliche Speisen, Spaziergänge, Austausch, gute Laune und sich vom bollernden Ofen durchwärmen lassen. Es war wieder die perfekte kleine Kreativ-Auszeit mitten im Winter und ich freue mich jetzt schon auf nächstes Mal.
Im Gepäck hatte ich erneut meinen weißen Lieblingspullover, den ich letztes Mal schon fleißig geflickt und bestickt hatte und der in der Zwischenzeit unter dem Namen Konfettipullover noch mehr zum Lieblingspullover geworden war. Er sollte weitere Konfetti bekommen. Außerdem reparierte ich einen feinen Baumwollschal mit goldenem Nähgarn und dachte dabei an Kintsugi, die traditionelle japanische Reparaturmethode für Keramik, bei der Bruchstücke mit Goldlack wieder zusammengefügt werden, so dass die Bruchlinien deutlich sichtbar bleiben und zu etwas Kostbarem und Schönem werden.
Die Narbe als Erfahrung, die Gold wert sein kann, hat mich auch das ganze letzte Jahr mit Mariengold beschäftigt. Das Flickwochenende mit Doris war damals Auftakt für einen neuen Schwerpunkt meiner Arbeit als Puppenmacherin. Seitdem habe ich viele, viele Puppen repariert, aufgearbeitet, erneuert und verschönert, ein professionelles Angebot für meine Kundin*innen aufgesetzt und mit meiner Freundin Laura einen ersten Puppen Repair Circle veranstaltet. Dabei habe ich unfassbar viel gelernt, nicht nur über Puppen und Puppenmachen, sondern vor allem über das Menschsein.
Denn jede Puppe, die zerliebt und zerlumpt zu mir kommt, hat eine Geschichte. Manchmal erfahre ich diese im Vorfeld, manchmal erspüre ich sie mit Herz und Händen, ohne dass ich Genaueres weiß. Neben viel Können und Handwerk ist es auch eine energetische Arbeit. Es kam vor, dass es nur den liebevollen Blick einer außenstehende Person (die ich war) brauchte, um eine Puppe wieder ins Leben und in die Familie zu bringen. Ein anderes Mal reichten eine neue Haarfarbe, ein mutiger Schnitt und der Austausch eines völlig desolaten Körperteils oder auch nur ein herzförmiger Flicken auf der Brust. Die längste Reparatur dauerte einen ganzen Tag und fühlte sich an wie eine OP am offenen Herzen, von der ich am nächsten Tag sogar Muskelkater hatte.
Die Puppen erzählen mir ihre Geschichten, ich bringe meine ganz eigene Geschichte mit (die mich nicht zuletzt zu dieser Arbeit gebracht hat) und in der Begegnung in der Reparatur können sich diese Geschichten wandeln. Narben mögen zurückbleiben, aber sie zeugen von Heilung, Wertschätzung und Liebe – und das ist pures Gold.
All das ging mir beim Workshop in der Priegnitz durch den Kopf. Ich gestand mir zwar im Stillen ein, dass das Flicken von Kleidung zwar sinnvoll und nachhaltig, aber nicht so sehr meins ist, spürte dafür aber umso mehr die Verbindung zu meinem eigentlichen Handwerk und freute mich auf ein weiteres Jahr mit meinem Herzensthema und alles, was ich lernen und erfahren würde über Puppen und Menschen.
Ihr dürft also sehr gern weiterhin Reparaturanfragen stellen und mir, falls ihr lieber selbst Hand anlegen wollt, Bilder von euren kleinen Patient*innen schicken, damit ich aus der Ferne helfen kann. Ich werde weiter dokumentieren und teilen, was ich in meiner Reparaturwerkstatt mache, und sicher auch das ein oder andere DIY veröffentlichen.
Und 2024 soll es auch wieder einen Puppen Repair Circle geben, allerdings steht noch kein Termin fest, auch weil ich noch nach einem Ort und Rahmen suche, der mir erlaubt, es möglichst kostengünstig anzubieten. Wenn ihr mir hier oder bei Instagram folgt, könnt ihr es nicht verpassen.
Mein Reparaturangebot findet ihr hier, Einblicke in meine Puppenreparaturwerkstatt mit vielen Vorher-Nachher-Bildern hier, mein Kursangebot mit den aktuellen Terminen hier und unsere Podcast-Folge „Neues Leben für die Puppen: Über Reparaturen, Glow-Ups und Abschiede“ hier.