21. Juni 2023

Heilungspuppen Angel, Melisse und Rosa für den Sofortkauf (verkauft)

Zum heutigen Weltyogatag möchte ich euch drei besondere Puppen vorstellen, an denen ich in den letzten Wochen intensiv gearbeitet habe. Sie sind inspiriert von Dingen, die mir guttun und die auf die ein oder andere Weise auch mit meiner kreativen Arbeit verwoben sind: Kundalini Yoga (siehe auch das Interview mit Kathleen), Chakrenlehre, Heilsteine, ätherische Öle.

Premiere hatte dieser spezielle Typ Puppe bereits letztes Jahr, als ich mit der Ur-Melisse an der Instagram-Initiative #dollforukraine teilnahm, einer Versteigerungsaktion für handgemachte Puppen zugunsten der humanitären Hilfe für die vom Krieg betroffenen Menschen in der Ukraine. Melisse kam damals sehr gut an und wurde immer wieder nachgefragt und so reifte in mir die Idee für eine kleine Kollektion heran.

Und hier sind sie jetzt: Angel, Melisse und Rosa. Sie sind weniger als Spielpuppen für Kinder gedacht (wobei sie das auch sein könnten), sondern mehr als Begleiterinnen für Erwachsene, z. B. für die spirituelle Praxis, für Energiearbeit, Heilung und Entwicklung.

Das wahrscheinlich Auffälligste an ihnen sind die aufgestickten Chakren. Als Chakren werden die unsichtbaren feinstofflichen Energiezentren des menschlichen Körpers bezeichnet. Die Chakrenlehre spielt vor allem im Hinduismus und Yoga eine wichtige Rolle, aber auch im Reiki, in der Traditionellen Chinesischen Medizin, in verschiedenen Meditationspraktiken und im Ayurveda. Die sieben Hauptchakren, wie sie auch an den Puppen dargestellt sind, liegen entlang der Wirbelsäule. Dabei handelt es sich um Energiebahnen, durch die Prana, unsere Lebensenergie, fließt. Ziel dieser Lehre ist es, Blockaden an den Chakren aufzulösen und diese zu öffnen, damit die Lebensenergie ungehindert durch den Körper strömen kann, was zu körperlichem, geistigem und seelischem Wohlbefinden führen soll. Bei den Puppen erstrahlt Manipura, das dritte der sieben Hauptchakren, auch Solarplexus-Chakra genannt, als kleine Sonne. Es befindet sich um den Bauchnabel in der Magengegend und steht für Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl und persönliche Kraft.

Ebenfalls besonders an den Puppen ist, dass sie jeweils zwei Geschenke mitbringen. Das erste Geschenk ist ein Edelstein mit Heilkraft, den sie um den Hals tragen und dessen Band ist lang genug, dass ihr ihn auch selbst tragen könnt.

Das zweite Geschenk ist ein ätherisches Öl mit angenehmem Duft und wohltuender Wirkung, einfach anzuwenden (siehe Beschreibung im Shop) und auch gut geeignet für den Einstieg in die Aromatherapie, wenn ihr darauf Lust habt.

Und dann ist da noch etwas, das mir wichtig für die Puppen wichtig war: ihre Weste aus Schafwolle. Beim Kundalini Yoga ist es üblich, auf einem Schaffell zu sitzen. So ein Schaffell ist nicht nur weich und warm, sondern sein Geruch hat auch etwas Urtröstliches. Ich mag die Vorstellung, dass die gute Schafwolle nicht nur im Inneren der Puppen steckt, sondern sie diese mit ihrer Weste auch als stärkendes Schild nach außen tragen.

Von den Fußspitzen bis zum Kronenchakra messen die Puppen gute 40 cm. Sie sind teilweise mit Granulat gefüllt, was ihnen ein Gewicht von ca. 650 Gramm verleiht. Dadurch liegen sie angenehm schwer in den Armen und können gut positioniert werden. Die Puppen haben nicht nur Chakren, sondern auch einen Bauchnabel, denn auch der Nabel spielt im Yoga eine wichtige Rolle (Stichwort Feueratem). Sie tragen ein Kleid aus leichtem Baumwollbatist, durch das die gestickten Chakren etwas durchschimmern, Leinenhosen, bereits erwähnte Weste aus Schafschurwollplüsch in Öko-Tex-Qualität, ein Schultertuch aus feinem Mohair-Seide-Garn und einen langen Batik-Baumwollschal, der auch als Ersatz für einen Turban dienen kann (Kundalini Yogi*nis wissen Bescheid).

Die Puppen sind für jeweils 350 Euro in meinem Etsy-Shop oder via eMail an hello@mariengold.net direkt bei mir erhältlich.

Hier geht es direkt zu Angel, Melisse und Rosa im Shop.

Ich wünsche ganz viel Freude und heilsame, innige Momente mit den Puppen!


8. April 2022

Melisse zur Versteigerung für einen guten Zweck (Finales Gebot 355 Euro)

Als im Februar der Krieg in der Ukraine begann, wollte auch ich unbedingt etwas tun und schloss mich auf Instagram der Initiative #dollsforukraine an, einer Versteigerungsaktion für handgemachte Puppen zugunsten der humanitären Hilfe für die betroffenen Menschen durch das Deutsche Rote Kreuz.

Den ganzen März werkelte ich an diesem Projekt, zeigte auf meinem Instagram-Account @mariengold regelmäßig Zwischenstände und gab kleine Hinweise zu der besonderen Puppe, die ich für diese Initiative nähte, ohne jedoch zu viel zu verraten. Dieses Wochenende ist es endlich soweit und die Puppen werden versteigert. Das findet hauptsächlich auf Instagram statt, d.h. jede Teilnehmerin versteigert ihre Puppe auf ihrem eigenen Account. So handhabe ich es auch, meine Auktion findet ihr hier.

Da ich weiß, dass ein großer Teil meiner Community nicht auf Instagram aktiv ist, möchte ich die Puppe zusätzlich hier auf meinem Blog anbieten und werde das höchste Gebot regelmäßig oben in der Überschrift aktualisieren. Mehr dazu weiter unten.

Melisse

Die Idee für diese Puppe hatte ich schon im Januar während einer Yoga-Session und ich stellte mir vor, dass ich alles einfließen lassen würde, was mir insbesondere in den letzten zwei Jahren gut getan hat. Denn bei allem, was mir gerade zentnerschwer auf der Seele lastet, bin ich auch unfassbar dankbar für meine Routinen, Werkzeuge und Helferlein, vor allem aber für die Menschen an meiner Seite, die eine stetige spirituelle Praxis und Inspiration aufrecht erhalten, die mich darin unterstützt, die zu sein, die ich in dieser Krisenzeit sein möchte. Dieses Licht leuchtet jetzt auch in Melisse, meiner Puppe, die für #dollsforukraine entstanden ist.

Melisse ist weniger als Spielpuppe für Kinder gedacht (wobei sie das auch sein könnte), sondern mehr als Begleiterin für Erwachsene, z. B. für die spirituelle Praxis, für Energiearbeit, Heilung und Entwicklung.

Das wahrscheinlich Auffälligste an ihr sind die aufgestickten Chakren. Als Chakren werden die unsichtbaren feinstofflichen Energiezentren des menschlichen Körpers bezeichnet. Die Chakrenlehre spielt vor allem im Hinduismus und Yoga eine wichtige Rolle, aber auch im Reiki, in der Traditionellen Chinesischen Medizin, in verschiedenen Meditationspraktiken und im Ayurveda. Die sieben Hauptchakren, wie sie auch an Melisse dargestellt sind, liegen entlang der Wirbelsäule. Dabei handelt es sich um Energiebahnen, durch die Prana, unsere Lebensenergie, fließt. Ziel dieser Lehre ist es, Blockaden an den Chakren aufzulösen und diese zu öffnen, damit die Lebensenergie ungehindert durch den Körper strömen kann, was zu körperlichem, geistigem und seelischem Wohlbefinden führen soll. Bei Melisse erstrahlt Manipura, das dritte der sieben Hauptchakren, auch Solarplexus-Chakra genannt, als kleine Sonne. Es befindet sich um den Bauchnabel in der Magengegend und steht für Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl und persönliche Kraft.

Ebenfalls besonders an Melisse ist, dass sie zwei Geschenke mitbringt. Da ist zum einen der Edelstein, den sie um den Hals trägt. Dabei handelt es sich um Ametrin, der sich aus Amethyst und Citrin zusammensetzt, woraus sich seine charakteristische Färbung aus Violett und Goldgelb ergibt (wobei Melisses Stein hauptsächlich Violett ist und erst eine Fachfrau mich darauf hinwies, dass es Ametrin ist). Bei der Auswahl des Steins bin ich ehrlich gesagt nach der Farbe gegangen, aber die Wirkung ist auch willkommen: Ametrin lindert Stress, stärkt die Nerven und sorgt für innere Ausgeglichenheit. Das Band an Melisses Stein ist übrigens lang genug, dass ihr ihn auch selbst tragen könnt.

Melisses zweites Geschenk ist das ätherische Öl der Melisse. Dieses Öl begleitet mich gerade durch diese Zeit, die sich für mich so anfühlt, als hätten sich viele Menschen mehr und mehr in sich selbst zurückgezogen und ihr Licht und ihre Lebendigkeit heruntergedimmt, bis sie sich wieder sicher in der Welt fühlen können. Dadurch geht auch Verbundenheit verloren und damit das, was uns als Menschen ausmacht. Das ätherische Öl der Melisse bringt in Zeiten tiefster Dunkelheit wieder Licht in die Seele. Es hilft, Gelassenheit und innere Ausgeglichenheit zu finden, macht das Herz froh und stärkt die Lebensgeister. Sein Duft ist süßlich-frisch und erinnert an Zitrone, hat aber auch eine warme, umhüllende Wirkung wie eine Umarmung, die Trost und neue Hoffnung schenkt. Und dieses Öl verleiht der Puppe auch ihren Namen: Melisse, die Honigbiene. Möge sie die Süße in das Leben zurückbringen.

Kurz zur Anwendung: Das Öl ist mit einem Trägeröl vermischt und in einen kleinen Roll-On abgefüllt. Damit kann es direkt auf die Haut aufgetragen werden, z. B. auf das Herz oder die Pulspunkte an den Handgelenken. Es entfaltet seine Wirkung aber auch, wenn man seinen Duft einfach mit ein paar weichen Atemzügen aus dem Roll-On inhaliert.

Und dann ist da noch etwas, das mir wichtig für Melisse war, nämlich ihre Weste aus Schafwolle. Beim Kundalini Yoga, das in den letzten Monaten fester Bestandteil meiner Praxis war, ist es üblich, auf einem Schaffell zu sitzen. So ein Schaffell ist nicht nur weich und warm, sondern sein Geruch hat auch etwas Urtröstliches. In besonders harten Zeiten nahm ich mein Fell sogar mit ins Bett und verkroch mich darauf wie in eine Höhle, aus der ich die Welt für eine Zeit ausschließen konnte und mich ganz meinen Büchern, Träumen und manchmal auch Tränen hingeben konnte. Ich mag die Vorstellung, dass die gute Schafwolle nicht nur im Inneren der Puppe steckt, sondern diese sie mit ihrer Weste auch als stärkendes Schild nach außen trägt.

Von den Fußspitzen bis zum Kronenchakra misst Melisse gute 40 cm. Sie hat hellbeige Haut, dunkelbraune Augen und rotbraunes Haar. Sie ist teilweise mit Granulat gefüllt, was ihr ein Gewicht von ca. 650 Gramm verleiht. Dadurch liegt sie angenehm schwer in den Armen und kann gut positioniert werden. Melisse hat nicht nur Chakren, sondern auch Ohren und einen Bauchnabel, denn auch der Nabel spielt im Yoga eine wichtige Rolle. Sie trägt ein weißes Kleid aus leichtem Baumwollbatist, durch das die gestickten Chakren etwas durchschimmern, sonnengelbe Leinenhosen, bereits erwähnte Weste aus Schafschurwollplüsch in Öko-Tex-Qualität, ein weißes Schultertuch aus feinem Mohair-Seide-Garn und einen langen fliederfarbenen Batik-Baumwollschal, der auch als Ersatz für einen Turban dienen kann (Kundalini Yogi*nis wissen Bescheid).

Wie ihr mitbieten könnt

Wenn ihr Melisse zu euch holen möchtet, habt ihr zwei Möglichkeiten:

Ihr könnt euch natürlich an der offiziellen Auktion auf meinem Instagram-Account @mariengold beteiligen.

Oder ihr schickt mir euer Gebot per Mail an hello@mariengold.net. Oben in der Überschrift dieses Beitrags halte euch bis zum Ende der Auktion regelmäßig über das höchste Gebot auf dem Laufenden, so dass ihr, falls nötig, auch mehrere Gebote abgeben könnt.

Die Auktion beginnt heute und läuft bis Dienstag, den 12. April um 23.59 Euro. Der Startpreis liegt bei 100 Euro und das Geld geht an das Deutsche Rote Kreuz für die Nothilfe in der Ukraine.

Wer am höchsten bietet, erhält den Zuschlag (und natürlich die Puppe) und spendet in Absprache mit mir den Betrag direkt an das Rote Kreuz. Nach Vorlage eines entsprechenden Nachweises (z. B. Screenshot), macht sich Melisse gleich auf Weg, selbstverständlich entsprechend ihres Wertes versichert und mit Sendungsnummer. Euer Vorteil bei dieser Vorgehensweise: Ihr erhaltet eine Spendenquittung direkt von der Organisation, die ihr mit der nächsten Steuererklärung geltend machen könnt.

In dieser Puppe steckt mein ganzes Können, mein ganzes Herzblut und vor allem ganz viel von dem, woran ich in dieser Zeit festhalte – Liebe. Ich wünsche mir sehr, dass ich euer Interesse wecken konnte und möglichst viele von euch kräftig mitbieten, damit ein hoher Betrag für die Menschen in der Ukraine gespendet werden kann.

Von Herzen Danke fürs Mitmachen!

Und schaut euch mit dem Hashtag #dfuauction unbedingt auch die anderen Puppen bei Instagram an, die im Rahmen dieser Initiative entstanden sind und jetzt für einen guten Zweck versteigert werden.


9. Juni 2020

Interview und Erlebnisbericht: „Im Spiel mit der Puppe kann ich Brücken bauen“

Anfang des Jahres legte mir jemand einen wahren Schatz in die Hände. Dieser Jemand war Regine Holletz und der Schatz ihre Abschlussarbeit zur Ausbildung als Waldorfkindergärtnerin. Der Titel lautete: „Das Ich entsteht am Du. Die Begegnung des Menschen mit (s)einer Puppe“, genau mein Thema.

Das Lesen schenkte mir so viel Wohlgefühl, neues Wissen und ein großes, warmes Ja – immer wieder Ja – zu Puppen und Puppenmachen, dass ich Regine und ihre Arbeit unbedingt hier vorstellen wollte. Dafür durfte ich ihr ein paar Fragen stellen und erhielt auch die Erlaubnis, einen Auszug aus ihrer Arbeit zu teilen.

Die Begegnung von Mensch und Puppe – meine Fragen an Regine

Liebe Regine, bitte erzähle uns von deinem Werdegang zur Waldorfkindergärtnerin. Was gefällt dir an diesem Beruf? 

Eine ganze Zeit meines Lebens war ich Lebensmittelchemikerin. Das faszinierte mich und immer lag mir die Zusammenarbeit mit Menschen am Herzen. Konnte ich im Labor oder in einem Projektteam einem Menschen Gutes tun, war es neben allem fachlichen Tun ein besonderer Tag. Mit Familiengründung sahen die Dinge für mich noch einmal ganz anders aus und viele leise Stimmen in mir wurden immer lauter und manchmal hatte ich das Gefühl, dass die Welt der chemischen Industrie zu einem großen Teil kopfsteht. Ich wollte ein Stück Welt zurück auf die Füße stellen und ganz elementar mit ihr verbunden bleiben. Da wurde eine alte Sehnsucht wach, nämlich Kindergärtnerin zu werden. Ich hatte die Montessoripädagogik studiert und wollte unbedingt Waldorfkindergärtnerin werden, mich interessierte das Ganze, das Verbindende.

Ganz leise hatten verschiedene Zeichen immer wieder meinen Lebensweg gekreuzt, ohne dass ich wusste, dass sie der Waldorfpädagogik entspringen. So hatte mir eine Freundin während des Chemiestudiums ein gestricktes Schaf geschenkt, das mir bis heute ein täglicher Begleiter ist. Ich begann über Waldorfpädagogik zu lesen und hatte oftmals das sichere Gefühl, hier Herzensdinge zu finden, die mich schon als Kind tief bewegt hatten. Viele Sinneserlebnisse von damals fand ich nun in der anthroposophischen Literatur beschrieben. Das war für mich wie ein Nach-Hause-Kommen.

An der Waldorfpädagogik liebe ich, immer vom Kind aus zu schauen und zu fühlen, den Gesetzmäßigkeiten der Jahrsiebte nachzugehen, hinter das Wahrgenommene zu denken und zu fühlen und das Herz und ein waches Denken in Kooperation zu pflegen. In einer wesenhaften und wesentlichen Umgebung mit sinnlich sinnvoll ausgewählten Materialien empfinde ich die Stimmung, die ich in der Natur erlebe, im Raum gestalterisch nach und schaffe damit Sinn- und Seelenbilder, die dem Kind ein echtes Aufgehobensein vermitteln können. Und tagtäglich erinnere ich durch die Gestaltung des Tagesrhythmus daran, wie wichtig ein Ein- und Ausatmen im täglichen Leben ist, der Wechsel von Aktivität und Ruhe sowohl für die Kinder als auch uns Erwachsene. Diesen Rhythmus auch in der Wiederkehr von Jahresfesten, Liedern, Reigen, Spielen und Reimen zu pflegen, ist mir ein Herzensanliegen.

Manchmal – und ich gestehe immer öfter – fühle ich mich, als würde ich Ureigentliches der Kindheit bewahren und auch in der Begleitung der Familien dazu beitragen, dass die Eltern sich durch den Blick auf ihr Kind und sein Wachsen erinnern lassen an Langsamkeit, herzvolles Schauen, Lassen und Vertrauen. Als Waldorfkindergärtnerin bin ich Entwicklungshelferin, Sinnespflegerin, Trösterin, auch Künstlerin im Gestalten, Singen, Reimen, bin ich Lauschende, Wissende und Nicht-Wissende, ich bin mit Kindern und Eltern immer auch als Lernende auf dem Weg.

Wie bist du auf das Thema für deine Abschlussarbeit gekommen? Was war dein Interesse, was wolltest du in die Welt bringen? 

Wenn ich auf die Kinder schaue, bin ich voller Bewunderung, wie sie allzeit lernen und sich ihre Umwelt an-verwandeln. Alles, was sich ihnen ideell und dinglich bietet, wird Teil ihres Spiels. Auch wir Erwachsenen sind bedeutender Teil dieser Umwelt und sie ahmen uns und unser Tun in ihrem Spiel nach. Es sind die ganz einfachen Dinge, welche die kindliche Phantasie beflügeln. All ihr Tun ist wie ein unermüdliches Tasten hin in eine tiefe Verbundenheit zu den Menschen und zur Welt.

Immer wieder bin ich dabei von der Begegnung der Kinder mit einer oder ihrer Puppe tief berührt. Stundenlang spielen sie mit ihr das Leben und finden in ihr einen innigen Begleiter. Es ist, als würde sich in der Begegnung mit der Puppe eine Welt erschließen, aus der die Kinder kommen und von der sie ahnend noch wissen.

„Ohne Puppen gäbe es weniger Liebe auf der Welt“, dieser Satz von Elke Blattmann beschäftigt mich immer wieder und ich kann ihn nur bestätigen. Ich habe erlebt, wie seelenvoll Eltern mit Blick auf das Spiel mit der Puppe aus ihrem Leben berichten und sich in ihrem Wesen zeigen.

Als Kindergärtnerin und auch als Puppenmacherin erfahre ich immer wieder die Atmosphäre, die entsteht, wenn Menschen sich die Zeit nehmen, für ein Kind oder sich selbst eine Puppe zu nähen. Hier entsteht kein Ding zum Spielen sondern ein Schatz, es entsteht die Möglichkeit, im Nähen einer Puppe dem Kind (und bei den Großen dem inneren Kind) besonders nahe zu kommen. In der Sorgfalt der handwerklichen Ausführung liegt ein tiefer Seelenausdruck des Herstellenden, eigentlich Gebärenden und gleichzeitig des Kindes, dem die Puppe zugedacht ist.

Was geschieht in der Begegnung von Mensch und Puppe? Dem wollte ich in meiner Arbeit nachgehen, dazu im Leben und der Literatur forschen.

Die Puppe ist Spielzeug des Kindes, Spiegel seiner selbst und ein Symbol für die Entwicklung des Menschen. Ich beobachte, wie Kindheit sich verändert, wie Kinder sich einerseits vollkommen ins Spiel vertiefen können und andere kaum mehr ins Spiel finden. Wie tief berührend die Begegnungen mit der eigenen Puppe sein können, erlebe ich im Spiel mit den Kindern, mit Erwachsenen und auch ich erlebte es nach schwerer Krankheit sehr und seither immer wieder.

Ich halte es für lebenswichtig, solch innigliche Begegnungen zwischen Mensch und Puppe zu ermöglichen, aus denen der Mensch wortlos schöpfen kann.

Mein Anliegen war und ist, meinem Empfinden und diesen innigen Beobachtungen auf den Grund zu gehen. Wie kann mit dem Wissen um seine Heilsamkeit das Spiel mit der Puppe immer wieder belebt werden?

„Das Ich entsteht am Du“, so formulierte es Martin Buber und ich bin davon überzeugt, nicht nur am Gegenüber eines Menschen sondern auch in seinem Spiegelbild, in der Puppe, einer Puppe, die die Phantasiekräfte nährt, an der sich der Mensch, das Kind ent-wickeln kann.

Ich wage zu behaupten, dass Kindheit und Erziehung eine Puppe brauchen, die nicht nur ein Ding zum Spielen, sondern ein Teil der Familie ist. Das Kind sucht danach, bei sich anzukommen und jedes Kind spürt, dass in der Berührung mit der Puppe eine größere Verwandtschaft lebt.

Im Spiel mit der Puppe liegt, so meine ich, auch etwas zutiefst Religiöses. In dem Anderen und hier in der Puppe einen Schimmer des göttlichen Kerns, des Unvergänglichen zu erleben, nährt zutiefst unser Urvertrauen. Das brauchen wir Menschen, das brauchen unsere Kinder, um aus diesem Tiefen genährt sein und sich gehalten wissen, in Liebe auf sich und die Welt schauen zu können.

Was macht für dich das Spiel mit den Puppen so besonders und wie setzt du das in deiner Arbeit mit den Kindern um? 

Ich erlebe Kindheit heute oft als ein zu viel, zu früh, zu schnell. Kindheit findet häufig außerhalb des Zuhauses und organisiert statt, so dass die Kinder zu Konsumenten werden. In dieser Schnelligkeit wird dem Kind oft ein Kuscheltier als Tröster mitgegeben, ein Tier, ein Bär, und da fehlt etwas, da kann etwas verloren gehen, ähnlich einem Artensterben.

Es ist keine Rückbezüglichkeit, es ist die Sehnsucht, an das Urbild von Mütterlichkeit (für Mädchen und Jungen!) und Zuwendung zu erinnern und die Liebe zu einem Puppenkind zu wecken und zu pflegen. Innezuhalten – und dies auch als Mutter, Vater, Freundin … – und zu fühlen, was es bedeutet, Mütterlichkeit und Zuwendung zu pflegen, das allein ist schon Heilung.

Kindheit ist die Zeit der Geheimnisse, der Seelennahrung, um die Welt in ihren Facetten lesen zu lernen. Und alle Eindrücke im ersten Jahrsiebt sind Ein-Drücke für das Kind, sie wirken bis ins Innerste. Grundbedürfnisse des kleinen Kindes sind es, Geborgenheit zu finden, einen, der es liebt und der das Leben liebt, und eine leibliche Heimat, es möchte anerkannt werden und lernen.

Ermöglichen wir dem Kind das Spiel mit einer Puppe aus Naturmaterialien, liebevoll zurückhaltend gestaltet, dann wird es die Puppe beseelen und in sein Herz schließen. Diese Puppe wird ein stiller Begleiter werden können, einer, den das Kind liebt und von dem das Kind geliebt wird. Ich erlebe, wie die Kinder durch die Puppe sprechen, wie sie im Spiel mit der Puppe zeigen, wie es ihnen geht. Wenn ich als Kindergärtnerin diese Erfahrungsräume öffne, Zeit lasse und Raum lasse, wirklich lasse, dann spielt das Kind mit seiner Puppe. Das ist wie ein Zauber: das Kind beseelt die Puppe und die Puppe belebt das Kind in seinem tastenden Spiel; es erwacht.

Oft erlebe ich auch unruhige Kinder, die sich nur schwer aufs Spiel einlassen können und Kontakt finden. Wenn ich dann durch eine Puppe spreche (sanft, kein Kasperltheater!), dann findet Seelenbegegnung statt, dann wird durch diese Geste etwas Großes jenseits dessen berührt, was Worte ermöglichen. Leise öffnet sich die Kinderseele wie eine Knospe. In Ablöseprozessen, bei Übergängen, auch da kann die Puppe eine wirkliche Wegbegleiterin sein.

Das Spiel mit der Puppe ist wesentlicher Teil der sinnlichen Umgebung im Waldorfkindergarten. Die Puppenecke braucht Pflege und sie strahlt in den Raum aus. Es ist sogar so, dass vergessene Puppen im Kindergarten auch atmosphärisch verraten, wie es den Menschen dort gerade geht. Wenn sie Heilung brauchen, dann kann sie auch aus der Puppenecke kommen.

Im Spiel mit der Puppe, immer dem Kind abgelauscht, kann ich Brücken bauen zu der Welt, aus der das Kind kommt, seiner häuslichen und der himmlischen. Das Kind kann tätig werden und durch sein Tun sich selbst erfahren, Selbst-Vertrauen entwickeln. Wenn es Konflikte gibt – und die können sich heftig im Spiel mit der Puppe ausdrücken -, dann ist es Heilungsarbeit, die da geschieht, spielend und in aller Freiheit.

So viel zum Interview, es folgt ein Auszug aus Regines Abschlussarbeit, den man auch als Praxisteil bezeichnen könnte. Es geht darin um die Frage, wie mit dem Wissen um seine Heilbarkeit das Spiel mit der Puppe immer wieder neu belebt werden kann. Regine erzählt aus ihrem Alltag als Kindergärtnerin.

Pflege des Spiels mit der Puppe im Kindergarten – Auszug aus Regines Arbeit

Die Puppe ist ein wesentlicher Bestandteil des Lebens in einem Waldorfkindergarten. Es ist eine besondere Aufgabe, als Kindergärtnerin dieses Spiel mit der Puppe in der Gruppe der Kinder immer wieder zu beleben und auch die Eltern und Familien zu inspirieren, die Puppe des Kindes nicht nur ein Spielzeug sein sondern ein Teil der Familie werden zu lassen.

Situationsbeschreibung

Die Kindergartengruppe besteht aus zwölf Kindern im Alter von drei bis fünf Jahren, sieben Jungen und fünf Mädchen. Zu Beginn des Kindergartenjahres wurden sieben Kinder neu in die Gruppe aufgenommen. Die mit dem Gruppenleben vertrauten Kinder aus dem Vorjahr waren zu diesem Zeitpunkt in der Regel vier bis fünf Jahre alt. Es stellte sich schnell heraus, dass den neuen Kindern Vorbilder zur spielerischen Nachahmung fehlten und sie nicht von einer gefügten Gruppenstruktur zehren konnten. Die Gruppe war eine bunte Mischung aus einzelnen sehr unterschiedlich bedürftigen Kindern, die zu einem Drittel gerade drei Jahre geworden waren. Bis zu Weihnachten waren drei anstelle der sonst tätigen zwei Kindergärtnerinnen nötig, um ein Ankommen und das Zusammenwachsen einer neuen Gruppe gestalten zu können.

Selten ergaben sich Situationen, in denen die Kinder über längere Zeit versunken in ihr Spiel eintauchten. Nur kurzzeitig wurden Spielideen umgesetzt, während die jüngsten aus sicherer Entfernung zuschauten, besonders unruhige Kinder rastlos durch den Raum zogen und die anderen störten. Es brauchte drei liebevoll wache Pädagogen, die Tag für Tag Räume und Rituale schufen, die die Kinder wiedererkannten. Auf diese Weise entwickelte sich ein Gruppenleben, das atmen konnte, wo jedes Kind mit aller anfänglichen Unruhe einen Platz fand, an dem es gesehen wurde und sich entwickeln konnte. Dazu gehörte vor allem auch die Klärung der wichtigen Frage unter den drei Kolleginnen, was wir uns für die Gruppe wünschten. Das Gruppenleben musste ganz bewusst neu belebt und gehalten werden, da es keine „großen“ Kinder gab, die durch ihr Vorbild eine Fortsetzung der gelebten Traditionen boten.

Zur Zeit ist zu beobachten, dass die Kinder Höhlen bauen, Wege konstruieren, Türme entwerfen, Tiger und andere wilde Tiere sind, doch nur ganz selten im Puppenhaus ins Puppenspiel vertieft sind. Anfangs war das Puppenhaus Rückzugsort, der von den Jüngsten wechselseitig genutzt wurde. Mir fiel auf, dass die älteren Kinder das Puppenhaus eher mit Brettern und Tüchern zu Höhlen und Hochständen umbauten oder als Versteck nutzen, das relativ schnell im Streit wieder aufgelöst wurde.

In der Begleitung des morgendlichen Ankommens konnte unsere Puppe Pauline manchmal Retter in der Not sein. Sie half bei der Ablösung der Kinder von ihren Eltern oder diente als Tröster, nachdem sich ein Junge nur im Streit von seinem Vater verabschieden konnte und weinend keine Ruhe fand. Erst war es die Murmel in seiner Hand und dann die Puppe in seinem Arm, die ihn wieder bei sich ankommen ließ. Einer unserer Vierjährigen ist immer am Beobachten, Fragen und Nachdenken zu allem was geschieht. Es fällt ihm sehr schwer, sphärisch einzutauchen und dem Spiel selbstvergessen zu folgen. Ich versuchte, ihm immer wieder unsere große Puppe mitzugeben. Doch die Hingabe ans Puppenkind gelang nur sporadisch.

Das Spiel mit der Puppe liegt mir sehr am Herzen und ich spürte immer wieder, dass es vor allem auch die Puppen sein könnten, die unserer so bunten und oft unruhigen Kinderschar Frieden und Wurzeln schenken könnten. Ich entschloss mich, das Leben mit unseren Puppen Pauline und Nicki (beides Gliederpuppen) und Lars, Lotti und Mia (Puppen in fest sitzendem Anzug) wiederzubeleben bzw. zu erforschen, was fehlte, damit das Puppenleben aufleben konnte. Hinzu kam, dass während des letzten Elternabends eine Mutter von ihrer Tochter berichtete und sie als liebevollste und ausdauernde Puppenmama beschrieb. Was brauchte sie im Kindergarten, um auch dort das Spiel mit den Puppen leben zu können?

Was konnte ich tun, um unsere Puppen wirklich wieder Teil unserer Gruppe werden zu lassen?

An einem Tag setzte ich mich selbst ohne die Kinder ins Puppenspielhaus. Der Platz fühlte sich eng, schmal und ein wenig bedrückend an. Der Stoff, der als Himmel die beiden Spielständer links und rechts sowie die hintere Wand umspannte, hing so tief, dass schon unsere vier- bis fünfjährigen Kinder kaum aufrecht stehen konnten. Das wunderschöne Puppengeschirr war zu einem Teil kaputt und unsere Puppen schauten mich ein wenig müde aus ihren Bettchen an. Der Puppenschrank war voller Sachen ohne eine erkennbare Ordnung. Ich entschloss mich, dass es Zeit wurde, die Puppen verreisen zu lassen und dem Puppenspielhaus eine Frühjahrskur zu gönnen.

Die Puppen verreisen und Vorbereitungen während der Abwesenheit

An einem Freitag der Osterzeit saßen im Mittagskreis die Puppen beieinander und wir setzten uns dazu. Die Kinder betraten den Raum und Y., ein sehr sensibles Kind, setzte sich sofort zum Puppenwagen. Voller Andacht nahm er Platz und wollte diesen Platz nicht wieder verlassen. Ich erzählte den Kindern die Geschichte von der anstehenden Reise unserer Puppen. Sie waren erschöpft vom langen Winter und hatten Sehnsucht nach dem Frühling und dem Meer. Oft waren sie krank gewesen, doch konnten sie sich lange nicht zu einer Reise entschließen, da sie die Kinder nicht allein lassen wollten. Nun war es so weit, sie wollten eine Freundin am Meer besuchen und dann gestärkt zu den Kindern zurückkehren. Wir zogen die Puppen warm an, setzten sie in den Puppenwagen, sangen ihnen einen Reisesegen und wünschten ihnen viel Glück. Ich war erstaunt, wie fasziniert die Kinder der Geschichte folgten. Gedanklich schienen alle kurz dem Alltag enthoben und voller guter Wünsche für die Reisenden zu sein.

Das Puppenspielhaus stand nun leer. Ein paar Tage später bemerkte eines der Kinder, dass ja eine Puppe doch dageblieben sei. Eine Knotenpuppe lag noch in der Hängematte. Sie hatte die Abreise verschlafen und uns wurde auf diese Weise gezeigt, wie gleichwertig die aus einem Wolltuch geknotete Puppe den anderen ist.

Übers Wochenende nahm ich den Himmel ab, besserte ihn an zahlreichen Stellen aus, verstärkte ihn, um ihn dann höher und durch eine Kordel gehalten an der Wand und über den Spielständern anzubringen. Die Spielständer wurden vertauscht, da sie aufgrund ihrer unterschiedlichen Größe auf diese Weise viel besser in die Ecke passten. Der neben dem Puppeneckchen stehende Jahreszeitentisch wurde ein Stück verschoben, so dass die beiden Spielständer nun in größerem Abstand die Ecke ausfüllen konnten. Das Puppeneckchen schien heller, weiträumiger, offener.

Ein zusätzlicher Spielständer erfüllte nun die Funktion des Tores und bei Öffnung des Hauses die Erweiterung des Hauses, Vergrößerung der Spielfläche und Schutz zum Gruppenraum. Jetzt konnte der Tisch gedeckt werden, man konnte um ihn herum sitzen und sich trotzdem noch im Puppenspielhaus bewegen. Der Puppenschrank wurde ausgeräumt, ein Knauf erneuert, die Magnete der Türen repariert und neu lackiert. Er stand nun nicht mehr auf dem Boden, sondern hing an der Wand, was die Spielfläche im Haus deutlich vergrößerte. Die Puppensachen wurden mit den Kindern in Winter- und Sommersachen sortiert, kaputte Sachen kamen in ein separates Körbchen, um sie auszubessern.

Nach einer guten Woche erhielten die Kinder Post von den Puppen. Eine Postkarte vom Meer ging im Morgenkreis von Hand zu Hand, wurde vorgelesen und bewundert. Wir ließen den Kindern Zeit herauszufinden, wer uns da geschrieben hatte. Alle Puppen hatten ja unterschrieben und versprochen, in der folgenden Woche wieder nach Hause zu kommen. Ganz ungeplant fand diese Postkarte einen Ehrenplatz im Puppenhaus über dem neu aufgehängten Puppenschrank. Nun begannen die Kinder, Staub zu wischen, die Bettwäsche zu sichten, und es wurde beschlossen, sie zu waschen und auszubessern. Vor Ankunft der Puppen waren alle Körbchen mit frischer Wäsche wieder eingerichtet.

Die Puppen waren ans Meer gereist und hatten bei mir heimlich eine Pause gemacht. Sie wurden gewaschen, Augen und Mund überarbeitet, genäht wo nötig, erhielten rosige Wangen und erstrahlten in ihren frischen Sachen. Die bestickten Kissen im Körbchen wurden repariert und alle Puppen saßen dann rosig und lebendig wieder im Wagen und traten ihre Weiterreise an. Immer wenn ich an ihnen arbeitete, gesellte sich eins meiner Kinder friedlich dazu und ließ sich andächtig in die Geschichte einbeziehen. Eines Tages gab es ausgiebigen Streit zwischen der acht- und elfjährigen und ich brauchte dringend Unterstützung, die Puppen wieder anzukleiden. Sie willigten ein, und ich war erneut sehr fasziniert, wie schnell aller Unmut vergessen war, als die Puppen in den Armen lagen und der Blick auf sie gerichtet war.

Ankommen und Spielen mit den Puppen

Fast zwei Wochen waren unsere Puppen nun verreist, und sie hatten ihre Rückkehr auf der Postkarte angekündigt. Wann sie genau kommen würden, blieb unklar. Das lichtere und größere Puppenspieleckchen wurde eifrig bespielt und schien in seiner überarbeiteten Form unkommentiert angenommen worden zu sein.

Die Kinder unserer Gruppe waren zum Ausflug unterwegs und sollten zum Mittag zurück sein. Im Mittagskreis saßen die Puppen, sie hatten ein Körbchen mit kleinen Kuchen mitgebracht und eine schöne Schachtel, deren Inhalt ein Geheimnis war. Ich begrüßte die Kinder vor dem Raum mit einem Öltröpfchen und einem Puppenabzählreim und kündigte ihnen eine große Überraschung an. Damit jeder aus der Gruppe später eine Puppe halten konnte, wurden noch zwei Knotenpuppen gebunden. Staunend und mit großer Freude betraten die Kinder den Raum und entdeckten unsere Puppen, die am Jahreszeitentisch auf uns warteten. Ein großer Teil der Kinder war voll stiller Bewunderung, andere strahlten und ein Junge bemerkte mit Blick auf die schöne Schachtel, da seien bestimmt die Engel drin, die dann jedes Kind aufhängen dürfte. Er erinnerte sich an die Adventszeit, und ich war ganz gerührt, wie sehr ihm diese Bilder Nahrung waren. Die Puppen erzählten Geschichten von ihrer Reise, wie erholsam es war, wie sehr sie sich auf die Kinder gefreut hatten, wie schön es am Meer war. Jede Puppe schlüpfte aus dem Wagen in den Arm eines Kindes. Manche nahmen sie sehnsüchtig an, andere andächtig, manche wünschten sich eine bestimmte Puppe, unser Jüngster, der oft beobachtend mit gewisser Distanz das Leben beobachtet und innerlich doch so verbunden ist, hatte sich geöffnet als die letzte Puppe aus dem Wagen zu den Kindern kam und bat sehnsüchtig mit den Augen, dass sie zu ihm kommen möge. Dies war Lisa, die Freundin am Meer, die die Puppen besucht hatten. Sie war so fasziniert von den Geschichten, die die Puppen von den Kindern erzählten, dass sie entschied, mit ihnen zu kommen. L. hielt liebevoll die Lisa auf seinem Schoß. Alle Kinder hatten nun ein Püppchen im Arm und wiegten es mehrmals zum Wiegenlied, das ich sang. Es entstand eine frohe getragene Stimmung und mit Blick in die seligen Kindergesichter, die wach träumend am Geschehen teilnahmen, schien es mir, dass die ganze Gruppe in dieser wiegenden Geste gehalten wurde. Unsere Zwillinge nannten ihre Puppe gleich „mein Püppchen“, C. schien wie träumend versunken als hätte sie etwas Heiliges empfangen. Ich war tief beeindruckt, wie liebevoll und selig jedes Kind, so unterschiedlich es auch ist, dieser Urgeste folgte. Anschließend, immer noch mit der Puppe im Arm, genossen alle den Duft der kleinen Küchlein, die die Puppen gebacken hatten und die es zum Nachtisch geben würde und letztlich wurde die geheimnisvolle Schachtel geöffnet. Alles war eingewickelt in Papier und jedes Kind durfte auspacken. Da gab es ein neues Puppengeschirr, das so wunderbar zum alten noch heilen Bestand passte. Ein großes Staunen wurde geteilt. J. war beim Auspacken und schaute immer wieder zu seiner Puppe, die jetzt am Jahreszeitentisch saß und sagte: „Da sitzt meine Puppe.“ Er wiederholte diesen Satz immer wieder mit Bewunderung und Stolz.

Nach dem Auspacken des Geschirrs setzten die Kinder nacheinander die Puppen zum Jahreszeitentisch in den Kreis und gingen zum Mittagessen. J., unser unruhiges Kind, lebte immer noch ganz eingetaucht ins Geschehene und fragte, ob er die Mia nachher mit zum Schlafen nehmen könnte. Nach dem Essen suchte jeder einen Platz für seine Puppe im Puppenhaus und zwei Kinder räumten vorsichtig das neue schöne Geschirr aufs Tischchen im Puppenhaus. Es lag eine Atmosphäre im Raum, die an den gerade erlebten Pfingstabschluss erinnerte. Etwas Heiliges, Lichtes und Frohes war in unserem Raum verblieben.

Die Kinder, der Raum und wir Kindergärtnerinnen waren durch unser Tun wie verzaubert.

Herzlichen Dank, liebe Regine, für deine Antworten und die Erlaubnis, diesen Auszug hier zu veröffentlichen. Was für eine Bereicherung für alle Menschen, die Puppen und Puppenmachen lieben.

Alles Liebe für dich und deine Arbeit als Kindergärtnerin, Puppenmacherin – und Schreibende, ich wünsche mir mehr aus deiner Feder!


6. Mai 2020

Nicht echt, aber lebendig

Vor einiger Zeit erhielt ich Post von einer lieben Leserin, Christa, die mir einen Zeitungsartikel mit dem Titel „Mutterliebe“ schickte, der Aufmacher darunter lautete : „Noelle Georges hat drei Babys, die sie herzt, wickelt, badet und spazieren fährt. Das Ungewöhnliche: Sie sind nicht echt.“

Dazu schrieb Christa: „Als ich diesen Artikel in der Stuttgarter Zeitung las, musste ich an dich denken. (…) Mich selbst hat die Geschichte etwas befremdet, aber ich weiß, dass du einen besseren, offeneren Zugang dazu hast.“

Das habe ich wohl und das liegt wohl in meiner Natur, die immer versucht zu verstehen und zu erspüren, was andere Menschen bewegt, wie sie ticken und warum sie tun, was sie tun. Neue Perspektiven einzunehmen und Menschen in ihrem Sein zu entdecken, finde ich unheimlich bereichernd. Mich interessiert, was sie einzigartig und verschieden macht, mehr aber noch, was uns verbindet, gerade wenn ein Verhalten anders als die Norm, ja gar fremd erscheint, wie vielleicht das von Noelle Georges aus dem Artikel: „Arya-Khaleesi ist ein Frühchen. Ihre Mama trägt sie ins Bad, legt sie sanft ins Waschbecken mit dem lauwarmen Wasser. Benetzt die Haare mit einem Schwämmchen, schäumt den Bauch ein, tupft sorgsam den Nabel. Abspülen, abtrocknen, etwas Puder. Dann die Windel dran, Strampler anziehen. Mit dem Bürstchen leicht über den Kopf kämmen, etwas Spray auf die Haare, damit sie nichts verfilzen. Und zurück ins Bettle.“

Weiter erfährt man, dass es sich bei Arya-Khaleesi um eine lebensechte Puppe handelt, bei ihrer Fürsorge um ein Hobby – wie sie selbst sagt – der 19-jährigen Noelle, dem sie sich schon als kleines Mädchen hingebungsvoll widmete und das sie bis heute beibehalten hat, und dass sie irgendwann echte Kinder haben möchte, am liebsten Zwillinge.

Der Artikel beobachtet und beschreibt, er fragt nicht nach Gründen, sucht nicht nach dem Abgrund, er bewertet nicht, wertet nicht ab. Das gefällt mir. Denn ob Menschen sich aus purer Freude am Spiel Puppen wie echten Menschen zuwenden oder weil sie einsam sind, keine eigenen Kinder haben können oder es ihnen schwerfällt, Kontakt zu anderen Menschen aufzubauen, wer sind wir, dass wir uns erlauben, darüber zu urteilen und uns abschätzig zu äußern?

Dass der Umgang mit Puppen heilsam ist, auch und gerade für Erwachsene, ist umfassend wissenschaftlich untersucht und belegt. (Wenn euch das Thema interessiert, empfehle ich euch dieses Buch.) Ich erkenne darin vor allem eine Strategie der Selbstfürsorge und einen Ausdruck des Bedürfnisses, Liebe zu schenken. Das finde ich spannend und berührend, weil es zutiefst menschlich ist. Puppen sind Beziehung. Sie treten mit dem Teil von uns in Beziehung, der sich nach Lebendigkeit und Werden sehnt, der danach strebt, in sich selbst hineinzuwachsen, in unser vollentfaltetes Sein.

Puppen mögen nicht echt sein, die Gefühle, die sie wachzurufen, die Verbindung, die sie herzustellen vermögen, sind es. Es ist eine Verbundenheit mit uns selbst und mit dem Menschsein in jedem Menschen. Nur das zählt. Dafür öffne ich immer wieder mein Herz.

(Wenn euch das Thema interessiert, schaut auch mal hier rein.)


28. Januar 2019

Bücher: „Puppe und Schmetterling“ von Elke Blattmann

Was mich bei meiner Arbeit stark antreibt und beschäftigt, ist die Frage nach dem Wesen der Puppen. Was macht eine Puppe aus? Was macht sie zu so einem beliebten und bedeutsamen Spielzeug? Was – oder vielmehr wer – ist sie genau? Als ich im November letzten Jahres auf einem Waldorfbasar in Berlin auf ein Zitat von Elke Blattmann stieß, ahnte ich noch nicht, dass ich eine Spur entdeckt hatte, eine Spur zum Geheimnis der Puppen und zu einem Juwel von Buch.

Das Zitat lautete: „Ohne Puppen gäbe es sehr viel weniger Liebe auf der Welt.“ Was auf den ersten Blick wohlbekannt und fast schon abgedroschen klang, ließ mich doch aufmerksam werden und weckte meine Neugier auf die Urheberin, deren Namen ich vorher noch nie gehört hatte. Elke Blattmann wurde 1934 geboren, studierte Germanistik, Theologie und Pädagogik, war Lehrerin in einer heilpädagogischen Schule in Kassel und ist Autorin zahlreicher pädagogischer Abhandlungen. 1971 gründete sie eine Puppenspielbühne in Mannheim und beschäftigte sich intensiv mit der Bedeutung des Puppenspiels in der Erziehung, was auch zu einem kleinen Büchlein mit dem Titel „Puppe und Schmetterling“ führte, das 1990 in der Edition Falter im Verlag Freies Geistesleben erschien und aus dem auch oben genanntes Zitat stammt.

Der Untertitel des Buches lautete zunächst „Das Puppenspiel in der Erziehung“, woraus in der erweiterten Neuausgabe fünf Jahre später „Die Begegnung des Menschen mit sich selbst“ wurde. Von dieser Begegnung, eigentlich von der Menschwerdung und was Puppen damit zu tun haben, erzählt das schmale Bändchen in sieben Kapiteln, wobei die Autorin Analogien zwischen der Metamorphose des Schmetterlings und der Entwicklung des Menschen als roten Faden durch ihre Ausführungen ziehen lässt. Dazu heißt es im Klappentext:

„Bis in die Einzelheiten hinein lassen sich erstaunliche Entsprechungen zwischen Raupenstadium und Kindsein, Puppenstadium und Jugendalter, Imago und Erwachsensein entdecken. Aber im Unterschied zum Schmetterling macht der Mensch diese Wandlung nicht nur einmal in den großen Lebensphasen durch. Viele Male erleidet er jenen Todesprozess im Leben, der in der Gebärde des Sich-Auslieferns der hängenden Puppe besonders nachempfindbar wird. Im eigenen Spiel mit der Puppe, dem Abbild des Menschen, oder durch den Puppenspieler lernt das Kind, sich selber zu begegnen. Die Puppe hilft ihm bei der Entwicklung des Ich, bei der Metamorphose vom Nehmenden zum Gebenden.“

Ausgangspunkt ist eine Frage, welche die deutsche Sprache aufwirft und die sich wohl alle schon einmal gestellt haben, die Puppen/machen lieben, nämlich ob die Puppe als Menschenabbild etwas mit der Puppe als Schmetterlingspuppe zu tun haben könnte. Wenn die Schmetterlingspuppe die Umwandlung von der Raupe zum Schmetterling verkörpert, was ist dann eine Spielpuppe? Wen oder was verkörpert sie? Wer oder was spricht und wirkt durch sie?

Diese Fragen werden nach aufschlussreichen Ausführungen über die Entwicklung des Schmetterlings und die Werdestufen des Menschen im Kapitel „Merkmale und Funktion der Puppe“ behandelt, für mich das Herzstück des Buches (und in dem sich auch das Zitat vom Anfang befindet):

„Das Kind identifiziert sich mit seiner Puppe. Es schlüpft in die Puppe Es verwandelt sich. Im Spiel mit der Puppe gibt es sich selber auf, es wird selbstlos – und findet sich selber. Das, was es später einmal können muss, übt das Kind im Spiel mit seiner Puppe. Es lernt spielend, sich selber zu begegnen. Die Puppe hilft ihm bei dem Balanceakt der Einverleibung des Ich.“

Oder kurz gesagt und ebenfalls aus dem Buch zitiert: „Die Puppe – das bin ich.“ Das Kind, das mit der Puppe spielt, begegnet also sich selbst. In dieser Begegnung verkörpert sie das Ich, zu dem der Mensch ein Leben lang wird, wobei er immer wieder Puppenstadien durchleiden muss, in denen er sich in sich kehrt, nach außen hin hart und stachelig, innen weich und empfindlich, und gewaltige Wandlungen durchlebt und an deren Ende er die schützende Hülle verlassen und seine Seelenflügel frei entfalten kann.

Das Buch schließt mit den drei Feststellungen, dass durch Puppen die Liebe in der Welt vermehrt wird, das Bild der Puppe uns zu den tiefsten Geheimnissen des Menschseins und Menschwerdens führt und die Puppe ein Mysterium ist. Das macht sie zu einem wertvollen Spielzeug für Kinder – und für mich zur erfüllenden Lebensaufgabe.

Zur Ergänzung hier noch ein Artikel von mir von 2016, in dem es ebenfalls um Puppen und Schmetterlinge geht.

Elke Blattmann: Puppe und Schmetterling. Die Begegnung des Menschen mit sich selbst, Falter im Freies Geistesleben, ISBN: 3772514219, 5 Euro.

(Disclaimer: Aufgrund der derzeitigen Rechtslage, die schon das bloße Nennen von Marken und Verlinken von Produkten, Marken, Menschen, Orten usw. als Werbung einstuft, kennzeichne ich diesen Beitrag als einen mit WERBLICHEN INHALTEN. Dennoch gilt: Wenn ich hier etwas oder jemanden benenne und als gut befinde, geschieht das als persönliche Empfehlung und im Rahmen meiner redaktionellen Themenauswahl. Alle hier gesetzten Links sind ein kostenloser Service von mir – unbezahlt und unaufgefordert. Alle hier genannten Produkte sind selbst gekauft. Bezahlte Kooperationen, sollte es sie jemals auf meinem Blog geben, würden immer ganz eindeutig als solche gekennzeichnet werden.)