3. Juni 2019

Der Puppennäh-Himmel auf Erden (Landpartie Mai 2019)

Als Laura und ich vor drei Jahren auf die Suche nach einem Seminarhaus für unsere Landpartie gingen, ließen wir uns von unserem Bauchgefühl leiten. Ohne viel darüber zu sprechen, waren wir uns einig, dass wir einen Ort finden wollten, der für das steht, was wir beide mögen und mit anderen Menschen teilen wollten: wildromantische Natur, Weite, ein Haus mit Seele, ein Garten zum Träumen, das gute, einfache Leben, Kreativität, pures Sein. Damals war uns noch nicht so sehr bewusst, dass wir vor allem einen Raum erschaffen wollten, an dem aus dem Wesentlichen heraus Gemeinschaft entstehen kann, eine Gemeinschaft von Menschen, die Puppen/machen genauso lieben wie wir selbst. Auch nach unserer dritten Landpartie kann ich aus ganzem Herzen sagen, dass dieser Wunsch in Erfüllung gegangen ist.

Wir Menschen sind für Gemeinschaft geschaffen und erfahren unser Leben dann als erfüllt, wenn wir uns einer Aufgabe hingeben und uns für das Wohl unserer Mitmenschen engagieren. Dadurch entsteht Verbindung und das Leben gewinnt an Sinn und Freude. Wie Frauen in Gemeinschaft und mit einem Projekt, das sie erfüllt, auf das Schönste aufblühen, erlebe ich immer wieder in meinen Puppennähkursen in der Stadt und auf unserer Landpartie. Wenn jede ihre Energie und ihre kreativen Ideen einbringt, berührt das die anderen und es entsteht ein herzverbundener Raum, in dem nicht nur Puppen gedeihen, sondern auch Glück. Persönliches Glück ist meist geteiltes Glück. Wir erleben es in der Gemeinschaft, in der Familie, im Freundeskreis. Oder eben in einer Gruppe von Gleichgesinnten, die für mehrere Tage aus allen Teilen Deutschlands zusammengekommen sind, um sich ihrer großen Leidenschaft und Sehnsucht, dem Puppenmachen, zu widmen.

Oft sind es kleine, unspektakuläre Momente, die uns klar machen: wir verstehen uns, wir sind uns nah. Das kann ein sprudelndes Gespräch über Puppen und Macherinnen sein, das kein Außenstehender verstehen würde. Die Freude am Teilen. Die Geduld, mit der eine Teilnehmerin einer anderen stundenlang beim Häkeln ihres Haarkäppchens zur Seite steht. Das Lachen, das schon am ersten Abend aus einem Zimmer tönt, in dem sich vorher keiner kannte. Das offene Ohr in der Kaffeepause. Ein liebevolles Lächeln über den Tisch. Die einvernehmliche Stille bei besonders kniffligen Arbeitsschritten. Die Fürsorge, mit der ein großer Teller für eine Teilnehmerin gefüllt und beiseite gestellt wird, die nicht am Mittagessen teilnehmen kann. Die Ernsthaftigkeit, mit der über kleinste Details gesprochen wird. Das Entzücken über die Puppe der Nachbarin. Stolz auf der eigenen Hände Arbeit, der mit einem freundschaftlichen Schulterklopfen verstärkt wird. Das Vergnügen, Teil einer Art Geheimloge zu sein, von der der Rest der Welt nichts ahnt. Die Frage an die Gastgeberin, ob man Samen von dem klatschroten Mohn bekommen könne, der direkt vor unserem Seminarraum blüht. Die Stimmung, die weiter steigt, wenn es tatsächlich Rhabarberkuchen gibt. Der Rührungs-Kloß im Hals, der nicht heruntergeschluckt, sondern zu Herzensworten ausgesprochen wird. Die feste Umarmung beim Abschied.

Gemeinschaft heißt auch, miteinander zu gestalten. Deshalb war es für Laura und mich eine große Freude und Ehre, dieses Jahr Natalie vom Rosaminze Puppenatelier als Teilnehmerin dabei gehabt zu haben. Für einen Nachmittag wechselte sie die Seiten und gab einen Mini-Workshop in der Roll-Stopf-Technik, den alle begeistert aufnahmen. Sie zeigte uns auch eine spezielle Häkeltechnik für das Puppenhaar, beeindruckte uns mit Werkzeugen, Insider-Wissen und Tricks und steckte alle mit ihrer Leidenschaft für künstlerisch gestaltet Puppen an. Was Natalie und die anderen neun Frauen einbrachten, wie sie sich in ihrem Sein zeigten und erlaubten, sich in im Herzen berühren zu lassen, war eine große Bereicherung und füllte unsere Idee von einer Gemeinschaft von Puppennnähverliebten mit Leben.

Laura und ich sind zutiefst dankbar, dass wir diese Erfahrung machen dürfen und unsere Vision vom Puppenmachen aus dem Herzen heraus und von Mensch zu Mensch verwirklichen können. Wir bedanken uns bei allen unerschrockenen Puppennäh-Abenteurerinnen, die bisher bei unseren Landpartien im wilden Brandenburg dabei waren, auch bei denen, die im September mitkommen oder bereits Interesse für 2020 angemeldet haben. Großer Dank geht auch an Ulrike und Douglas vom Refugium Hoher Fläming für ihre Gastfreundschaft, das köstliche Essen und die Einblicke in ihr nachhaltiges Leben, insbesondere an Ulrike für die Stunde Bioenergetik im Garten, die uns wunderbar in Bewegung und Verbindung mit der Natur gebracht hat. Ganz besonders danke ich dir, liebe Laura, dass du mir die Freude machst, das alles gemeinsam zu erleben!

Die nächste Landpartie findet vom 11. bis 15. September statt und ist bereits ausgebucht. Es gibt aber eine Warteliste, für die ihr euch anmelden könnt. Der Termin für 2020 wird im September bekannt gegeben. Wenn ihr euch schon einmal unverbindlich vormerken lassen möchtet, schreibt an hello@mariengold.net. Alle Details findet ihr hier, Lauras Bericht von diesem Jahr hier und Einblicke in die Landpartien 2017 und 2018 hier und hier.

© Bilder Laura Erceg-Simon, Natalie Frohn und Maria Ribbeck


19. Juni 2018

Guten Morgen, Puppenmacherinnen

Mein Lieblingsfrühstück des Sommers ist das Knuspermüsli, das ich vor einiger Zeit bei Slomo gefunden habe. Mittlerweile habe es auch schon oft verschenkt und bin total begeistert, dass es den Geschmack von so vielen Menschen trifft. Das liegt bestimmt am Salz, daran sollte man sowieso nie sparen im Leben.

Für die Landpartie hatte ich natürlich auch ein großes Glas vorbereitet. Es war ratzfatz aufgefuttert und hat uns zwölf Puppenmacherinnen satt und sehr glücklich gemacht. Höchste Zeit also, das Rezept hier zu teilen.

Knuspermüsli mit Olivenöl und Salz

(Original-Rezept von hier)

3 Tassen Haferflocken
1 Tasse Sonnenblumenkerne
1 Tasse geschälte Kürbiskerne
1 Tasse Kokoschips
1 1/4 Tassen grob gehackte Mandeln
1/4 Tasse Vollrohrzucker
1/4 Tasse Ahornsirup
1/3 Tasse Olivenöl
1 TL Zimt
1 TL Salz

Den Ofen auf 150 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Alle Zutaten in einer großen Schüssel vermischen und auf ein mit Backpapier belegtes Blech geben. Für ca. 45 Minuten im Ofen rösten und alle 10 bis 15 Minuten wenden. Abkühlen lassen, eventuell noch einmal nachsalzen und abfüllen. Die Menge passt ungefähr in zwei 500-Gramm-Vorratsgläser.

Schmeckt herrlich zu Naturjoghurt und frischem Obst.

Guten Appetit!

Weiter Rezepte findet ihr hier.


5. Juni 2018

Puppennähen in Grün (Landpartie 2018)

„Ihr beide seht so richtig schön entspannt aus“, bemerkte Anne am letzten Abend unserer Landpartie für Puppennähverliebte. Und das waren wir auch, Laura und ich, entspannt und glücklich nebeneinander auf der kleinen Hollywoodschaukel im wildschönen Garten des Refugiums Hoher Fläming, wo wir vier Tage lang ein Puppennähfest veranstaltet hatten. Die Sonne ging langsam unter, in der Luft der Duft von Holunderblüten, vor uns ein Tisch mit Wein und Knabberei (und natürlich ganz viel Handarbeitszeug) und drumherum unsere zehn Teilnehmerinnen, die uns so sehr ans Herz gewachsen waren, dass es unvorstellbar erschien, dass wir uns morgen in alle vier Himmelsrichtungen verabschieden würden.

Eine Stunde vorher hatten Ulrike und Douglas, unsere wunderbaren Gastgeber, ein Abschlussfoto von uns gemacht und waren angesichts der 16 Puppenwesen, die in ihrem „Geburtshaus“, wie sie es kurzerhand nannten, entstanden waren, selbst in größte Verzückung geraten. Es war eine herrliche Stimmung und sicher für alle der Höhepunkt einer wunderschönen, intensiven, lehrreichen und seelenstreichelnden Zeit.

Begonnen hatte sie in Berlin auf der Bergengrünstraße, wo ich wohne, und wo wir Koffer und Taschen, Puppen, Material und Arbeitsutensilien, darunter sieben Kilogramm Stopfwolle, meterweise Stoff und eine Nähmaschine in mein kleines Auto luden. Mit dabei war eine einzelne gelbe Rose, die Laura aus ihrem Hofgärtchen im Prenzlauer Berg mitgebracht hatte, und die den Trip zu mir nach Zehlendorf aufgrund der hochsommerlichen Temperaturen trotz wässriger Vasenbehausung nur leidlich überstanden hatte. Ihre Blütenblätter waren ganz schlapp und erschöpft ließ sie ihren Kopf hängen. Auf mich machte sie überhaupt nicht den Eindruck, dass sie die Fahrt nach Wiesenburg überleben würde, weshalb ich sie am liebsten sofort auf dem Kompost entsorgt hätte. Aber nicht mit Laura! Sie bestand darauf, das Blümchen mitzunehmen, quasi auf dem Schoß zu transportieren und später im Wasserbad aufzupäppeln, damit es uns in den kommenden Tagen beim Puppennähen erfreuen könnte. Und so geschah es. Kaum im Refugium angekommen, hatte Laura schon eine Schüssel mit Wasser organisiert, in der die Rose langsam aufatmen und sich wieder in voller Pracht entfalten konnte. Was für ein rührender Anblick und wie unangenehm die Scham darüber, dass ich ihr keine Chance geben und sie einfach wegwerfen wollte. Und tatsächlich, kurz bevor unsere Teilnehmerinnen am späten Nachmittag eintrafen, war unser Raum picobello eingerichtet und auf dem Tisch blühte über allem diese starke, schöne und lieblich duftende Rose, der die Strapazen der Anreise überhaupt nicht mehr anzusehen waren.

Damit war, neben den Puppen, ein weiteres wichtiges Thema für unseren Workshop gesetzt, denn es ging auch um Selbstfürsorge, Aufblühen, Erschöpfung in der Tretmühle des Alltags, den Glauben an sich selbst und Heilung durch Liebe. Und wie die Frauen aufblühten! Dies geschah durch das charmante, alte Bauernhaus, das uns ein liebevolles Zuhause auf Zeit bot, den Zaubergarten und die üppig blühende und grünende Natur, die uns umgaben, von Ulrike und Douglas sorgsam zubereitete und appetitlich angerichtete Mahlzeiten, ein aufmerksames und liebevolles Miteinander, offene Ohren und weite Herzen, Puppen, die in jedem Stadium ihrer Entstehung zum Knutschen waren, genussvolle Körpererfahrungen, angeleitet von Carolin, einen Tänzerin und Bewegungspädagogin, die für einen Nachmittag aus Berlin angereist war, um uns so richtig schön in Bewegung zu bringen, sowie viele kleine und große magische Momente, die einem das Herz aufgehen und Tränen der Freude und Rührung in die Augen steigen ließen.

Puppenmachen tut der Seele gut, erst recht in einer Umgebung, welche die Sinne öffnet und einen ankommen lässt bei sich selbst, umsorgt und getragen von vielen guten Geistern um einen herum. Und so war es nicht nur Lauras Rose, die durch liebevolle Zuwendung zu neuem Leben erwachte, sondern diese Erfahrung durfte auch jede einzelne von uns selbst machen und nicht zu vergessen die Puppen, durch die diese Lebendigkeit auf das Schönste in die Welt hinausstrahlt.

Die Landpartie hat auch mich als Workshopleiterin erfrischt und inspiriert. Bis obenhin bin ich jetzt mit Puppenliebe angefüllt, vor allem aber mit Liebe für die Begegnung mit Menschen, die den Mut haben, sich im Herzen berühren zu lassen. Einmal mehr habe ich verstanden, dass genau das der Grund ist, warum ich Puppen nähe: um mich darüber mit den Menschen zu verbinden, mit meinen Kursteilnehmerinnen, Kundinnen und Kunden, Leserinnen und Lesern, Laura und meinen puppenmachenden und auch nichtmachenden Freundinnen und Freunden und allen, die Puppen und Puppenmacherei genauso lieben wie ich.

Die nächste Landpartie findet vom 22. bis 26. Mai 2019 statt. Alle Details findet ihr hier, Lauras Bericht von diesem Jahr hier und einen ausführlichen Text über unsere Premiere letztes Jahr hier. Anmeldung ab sofort an hello@mariengold.net.

© Bilder Laura Erceg-Simon, Maria Ribbeck und Verena Nowak


12. Juni 2017

Puppen-Highs im Hohen Fläming (Landpartie 2017)

Am Ende der vier Tage gab es diesen einen Moment, in dem alles stimmte. Ich saß in der quietschenden Hollywoodschaukel im Garten unseres Refugiums, der Holunder duftete schwer nach Sommer, die Vögel zwitscherten ihr Abendlied, eine wohlig warme Brise umschmeichelte meine nackten Arme, es wurde langsam dunkel und unser Workshopraum, in den ich von meinem Happy Place direkt hineinschauen konnte, war so heimelig erleuchtet und von Puppennähverliebten bewuselt, dass mir vor Seligkeit das Herz anschwoll.

Da lag sie schon fast hinter uns, unsere Landpartie, ein Traum, den meine Freundin Laura von 1000 Rehe und ich seit Jahren gemeinsam träumten und in den letzten zwölf Monaten haben Wirklichkeit werden lassen. Mehrere Tage Puppennähen auf dem Land, Puppenmachen bis in die Puppen, das stellten wir uns nur allzu gut vor und hatten von Anfang an das Gefühl, dass wir damit nicht alleine sind. Und tatsächlich fanden sich zehn Frauen, die mit uns diese Reise machen wollten. Von überall her kamen sie, sogar aus der Schweiz, in einem kleinen roten Auto, das mit ganz viel Geduld und Mutter-Tochter-Vorfreude den langen Weg ins Brandenburger Hügelland schaffte.

Vier Tage

Ankommen, Kennenlernen und Wiedersehen im wilden Paradies unserer Gastgeber Ulrike und Douglas, die erste gemeinsame Mahlzeit im blauen Salon, behutsame Annäherung, Lachen, Worttaumel. Bei einem Blick in die Zimmer sehe ich auf fast jedem Bett eine mitgebrachte Puppe sitzen. Am Abend die erste kleine Workshop-Einheit, in der wir kleine Herzen mit persönlicher Liebesbotschaft nähen, die später in unseren Goldstücken schlagen sollen. Danach beginnen schon die ersten mit der Puppenkleiderschneiderei. In unserem Zimmer unterm Dach hören Laura und ich das Rattern der Nähmaschinen und besprechen im Nachthemd den kommenden Tag. Mittlerweile geht die Sonne vor einem zauberschönen pastellfarbenen Himmel unter und der Kuckuck ruft. Alle sind da, alles ist gut.

Am nächsten Vormittag tauchen wir richtig ein. Laura leitet das Kopfmachen an, ich reiche das Material und unterstütze mit Maßen, Handanlegen, Tipps und Tricks und ein bisschen Struktur. Wir funktionieren gut als Team, auch in diesem Kurs. Die Köpfe, die entstehen, sehen mal mehr nach 1000 Rehe, mal mehr nach Mariengold aus. An unserem großen Werkeltisch für Zwölf wird es immer lebendiger. Stunde um Stunde werden die Frauen weicher und offener, trauen sich zu zeigen und zu erzählen. Es wird viel gelacht, die Stimmung ist großartig. Schlag 13 lassen alle die Nadeln fallen und folgen dem Duft nach nebenan. Dort stehen um einen schweren antiken Tisch zwölf Stühle und es braucht viel Kommunikation und lange Arme, um die Schüsseln von einem Eck ins andere zu bringen. Immer wieder Lachen. Zum Nachtisch gibt es Apfelmus aus dem Garten vom letzten Jahr. Wir können unser Glück kaum fassen. Mittagsschlaf, wer es sich gönnen möchte. Danach weiter mit den Puppen. Einige arbeiten parallel an zweien. Wir stopfen feste, ganz fest. Zum Nachmittag Zitronenkuchen aus der Mischung von Laura. Wir häkeln, immer wieder an den nächsten Tagen, bis das Käppchen auf den Kopf passt. Zeit für das Abendessen. Wieder gibt es eine Suppe vorweg. Was für eine Verwöhnung für uns Frauen, von denen die meisten es zu Hause mit Kindern, Job und Alltag kaum schaffen, sich selbst gut zu nähren. Der stets so reich und liebevoll gedeckte Tisch ist ein großes Geschenk für alle. Langsam klingt der Tag aus. Laura und ich machen einen Wald- und Wiesenspaziergang, pflücken Blumen, tauschen uns aus. Irgendwann einvernehmliches Schweigen der untergehenden Sonne entgegen. Die Ruhe tut gut. Zurück im Refugium emsiges Treiben im Workshopraum. Puppenkleider werden genäht, keiner mag sich so recht in die Nacht verabschieden. Der Kuckuck meldet sich wieder. Laura und ich schlafen tief und fest.

Am nächsten Tag wird aus der Gruppe eine echte Gemeinschaft. Das fühlt sich an wie ein kleines Wunder und ist eigentlich auch schon alles, was Laura und ich uns für die Landpartie gewünscht haben: Puppennähverliebte in heiterer Verbundenheit. Die Frauen wachsen zusammen, Laura und ich wachsen mit und staunen immer wieder über diese Magie. Bis zum Gong werkeln wir an unseren Puppen, die immer mehr Form annehmen und schließlich zusammengenäht und mit süßen kleinen Details versehen werden. Da liegen sie, mindestens zwölf Puppen, noch ganz roh, ohne Gesicht und Haare, dafür mit Grübchen, Bauchnabel, Popo und was uns sonst noch eingefallen ist. Der Abschied fällt schwer, denn erst am nächsten Tag soll es weitergehen. Für das Mittagessen haben Douglas und Ulrike im Garten eingedeckt. In dieser satten und blühenden Umgebung schmeckt es gleich doppelt so gut. Danach ein Nickerchen. Die zweite Tageshälfte darf jede frei für sich gestalten. Ein paar Frauen schließen sich Laura für eine kleine Wanderung zum Badeteich im Nachbardorf an. Lebensgespräche, nennt Laura es später, was sie unterwegs verbindet. Die anderen lassen weiter die Hände tanzen oder genießen das herrliche Anwesen, die Kunstwerke und Rückzugsnischen, die Wandelwege auf der Streuobstwiese, den Buddha mit der leuchtenden Schneckenmuschel in den Armen, Douglas im Gemüsegarten, der klatschrote Mohn, die Rosen, das Meisenpärchen, das immer vor der Veranda herumschwirrt. Beim Abendessen wieder Farben und Düfte, Kräuter und Blüten, soweit der Appetit reicht. Zum Abschluss das Hörbuch Vasalisa und das erste Mal Tränenschimmer in den Augen einiger Frauen, auch in meinen. Wie nah Leichtigkeit und Schwere, Glück und Trauer manchmal beieinander liegen, bringt uns später ein Anruf in Erinnerung, den eine Frau von Zuhause erreicht und sie am nächsten Morgen nach einer unruhigen und sorgenvollen Nacht vorzeitig abreisen lässt. An den kommenden Tagen bleibt ihr Platz leer, aber sie ist weiterhin Teil der Gruppe und wird liebevoll bedacht.

Es ist Samstag. Es regnet und wir fühlen uns wohl behütet in unserem Raum. Weiter, weiter mit den Puppen. Sie bekommen Gesicht und Haare und ihren Lebenshauch von roter Farbe. Uns Kursleiterinnen macht es so viel Freude, die Frauen und ihre Puppen beim Sein und Werden zu begleiten. Es tut gut, Zeit zu haben, viel Zeit. Herzen schlagen höher. Ohs und Ahs tönen von jeder Seite des Tisches. Jede einzelne Puppenseele wird überschenglich begrüßt. Wieder der Gong. Passend zum neuen Wetter gibt es ein indisches Menü, das uns wunderbar die Bäuche wärmt. (Unglaublicherweise wird das Essen mit jedem Tag noch ein bisschen besser.) Satt und zufrieden. Wieder abtauchen in die Mittagsruhe. Danach Puppennähfinale. Zeit für den letzten Schliff und alle offenen Wünsche. Laura leitet spontan die Herstellung ihres Puppenkleidklassikers an, ich zeige, wie aus einem rechteckigen Stück Stoff ein Bindebeutel für Habseligkeiten entsteht. Am Nachmittag gibt es Kuchen mit Rhabarber aus dem Garten von Ulrike, darauf haben wir uns die ganze Zeit gefreut. Weiter geht’s mit der Puppenkleiderschneiderei. Manche Frauen stellen eine ganze Garderobe her, können sich kaum trennen von ihren Werken und der Nähmaschine. Zum Abschluss danken wir unseren Händen mit einem Peeling unter freiem Himmel. Samtweiche Pfötchen, Kichern und ulkige Momente beim Abendessen. Wie im Schullandheim. Abends feiern wir Abschied auf der Veranda mit zwei Flaschen Wein und Reisegeschichten. Dieser Ort macht Lust auf mehr. Die Sonne geht unter. Mein Zaubermoment auf der Hollywoodschaukel. Im Workshopraum wird bis spät gewerkelt. Müdigkeit macht sich breit.

Der letzte Tag. Unser letztes gemeinsames Frühstück. Mit Sonntagsei. Es regnet in Strömen. Douglas macht trotzdem ein großartiges Abschlussbild von uns und den Puppen. Zurück im Trockenen werden sie alle noch einmal vorgestellt und willkommen geheißen. Wir lassen unsere vier Tage Revue passieren. So viele Eindrücke, so viele Bilder, so viele Geschichten. Leuchtende Augen. Weite Herzen. Lachen und Weinen. Taschentücher werden herumgereicht. Erste Anmeldungen für nächstes Jahr werden angekündigt. Den Termin habe ich schon auf dem Zettel. Ulrike und Douglas wollen uns und die Puppen auch gern wieder in ihrem Haus haben. Der Abschied naht. Vertraute Blicke. Warme Worte. Umarmungen im Hausflur. Der Regen strömt weiter. Da fahren sie alle wieder. Auch Laura und ich packen unsere Siebensachen. Großes Dankeschön an unsere Gastgeber, ein letzter Blick auf unser Refugium und glücklich erfüllt zurück in die Stadt.

Zehn Jahre und weiter

So ein Programm, das Miteinander von zwölf Personen, lässt sich nicht auf dem Reißbrett planen. Und doch ging unser Konzept mit allen Überlegungen und Gedankenspielen bestens auf und es war genauso, wie wir es uns gewünscht und erträumt hatten. Nur ein paar Punkte haben wir spontan vor Ort umgestellt: So fehlte für das Hörbuch am ersten Abend die Ruhe und die Verwöhnbehandlung für die Hände war perfekt für den Abschluss. Sonst haben wir es fließen lassen und sind mit dem gegangen, was sich in jedem Moment zeigte. Das war genau richtig. Und Laura wie immer meine beste Lehrerin in diesem Sein-Lassen. Es war für uns beide ein ganz herrliches und erfüllendes Erlebnis, rundum wunderbar und bereichernd.

In der Landpartie steckt mein ganzes Herzblut. Und zehn Jahre Erfahrung im Unterrichten. Bei meinem Zaubermoment auf der Hollywoodschaukel wurde mir auf einmal bewusst, dass jeder Kurs, den ich seit 2008 gegeben habe, jede Begegnung mit Puppennähverliebten, jede Puppe, die durch meine Hände ging, ja auch jedes Hoch und jedes Tief mich genau dahin geführt hatten, wo ich gerade war – an diesen traumhaft schönen Ort in der Natur, mit diesen tollen Menschen und der besten Co-Kursleiterin, die ich mir vorstellen kann, und der Gabe, Menschen über das Puppenhandwerk mit ihrer Seele in Kontakt zu bringen.

Nach zehn Jahren mit Mariengold empfinde ich meine Arbeit oft nicht mehr als etwas Besonderes, sondern eher als einen ganz normalen Beruf mit allen Schwierigkeiten und Herausforderungen, Glücksmomenten und Alltäglichkeiten. Das ist absolut in Ordnung und der Lauf der Dinge. Und doch braucht es ab und zu eine Erinnerung. Die bekomme ich immer wieder in meinen Kursen und eben jetzt bei der Landpartie. Dann spüre ich ganz deutlich, dass es doch viel mehr ist als ein Broterwerb. Nämlich eine Leidenschaft, ein tiefes Bedürfnis, eine Herzensangelegenheit. Es ist der zwischenmenschliche Kontakt im Hier und Jetzt, der mich immer wieder zurück zum Kern bringt.

Das ist auch auch der Grund, warum mir meine Kurse so wichtig sind und ich diesen Bereich weiter ausbauen werde. Immer und immer wieder möchte ich solche Räume echter Begegnung und kollektiver Kreativität schaffen. Das bringt Freude und ist zutiefst heilsam für uns Menschen. Damit möchte ich dienen, darin sehe ich meine Berufung.

Nächstes Jahr findet die Landpartie vom 23. bis 27. Mai statt. Alle Details findet ihr hier, einen tollen Artikel von unserer Teilnehmerin Maike hier und Lauras Bericht hier. Anmeldung an hello@mariengold.net.

© Bilder Maike Coelle, Laura Erceg-Simon und Maria Ribbeck


18. Juli 2016

In die Puppen (große Pläne für 2017)

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Outside

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In den letzten Wochen waren Laura und ich in den schönsten Ecken Brandenburgs unterwegs auf der Suche nach einem Ort für unser neues gemeinsames Projekt.

Seit eineinhalb Jahren arbeiten wir zwei Berliner Puppenmacherinnen jetzt zusammen, haben gemeinsam die Filzkopfpuppe Charlie Bo ins Leben gerufen, ein Anleitungsbuch für diese Puppe geschrieben und einen Kurs dazu gestartet, der im September in die vierte Runde geht. Laura und ich, das geht gut. Wir sind ein Dreamteam und ergänzen uns ganz wunderbar. Jetzt wollen wir gemeinsam weitergehen, etwas Neues wagen.

Dafür haben wir uns auf den Weg gemacht, in die Uckermark und in den Hohen Fläming, haben unsere Köpfe in neue Räume gesteckt, Menschen mit spannenden Visionen getroffen, alte Bäume gestreichelt, in Zirkuswagen gelugt, Katzen gezählt, göttliche Holunderbrause in wildromantischen Gärten gesüffelt, sonnenwarme Früchte genascht, Betten ausprobiert, in Kochtöpfe geschaut, geträumt und gesponnen, Pläne geschmiedet und in Vorfreude geschwelgt.

Was wir vorhaben? Wir wollen mit euch raus aufs Land für ein mehrtägiges Puppenmacherei-Retreat unter dem Motto „Werkeln & Wohlfühlen“. Nächstes Jahr im Juni soll es soweit sein. Die Details erfahrt ihr im Oktober, dann geht es auch los mit den Anmeldungen.

Wenn ihr schon jetzt Lust habt, dabei zu sein, schreibt ganz unverbindlich an hello@mariengold.net. Dann erfahrt ihr die Neuigkeiten als erste.

Laura und ich freuen uns wie verrückt auf die Zeit mit euch und den Puppen!

Mehr zu unserem gemeinsamen Filzkopfpuppenprojekt findet ihr hier. In unserem letzten Kurs in diesem Jahr am 24. September ist noch genau ein Platz frei. Details dazu hier, Anmeldungen an hello@mariengold.net.