18. April 2016

Kids Kurs #3: Rote Wangen überall (und ein Rezept für meinen Lieblingskuchen)

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Von Januar bis März habe ich an einer Berliner Schule zusammen mit acht Mädchen und Jungen einer 6. Klasse eine Puppennäh-AG veranstaltet. An sechs Freitagnachmittagen drehte sich alles um die Herstellung der Puppen, an zwei weiteren Terminen nähten wir die Kleidung. Kurz vor den Osterferien war es geschafft, die Kinder hielten ihre fertigen Puppen in den Händen und strahlten mit ihren rotgewangten Goldstücken vor Glück um die Wette.

Der Weg dahin war eine ganz schön anstrengende Riesenfreude. Woche für Woche lachte mein Herz auf dem Weg zur Schule und war ich danach so erfüllt und gleichzeitig erledigt, dass ich mehr oder weniger den Rest des Tages wohlig auf dem Sofa verbrachte, mit meiner Tochter (die auch bei dem Kurs dabei war), selbstgemachtem Soulfood und einem Film oder Büchern. Schöner konnte das Wochenende nicht beginnen.

Über die spezielle Puppe, die ich mit den Kindern nähte, habe ich bereits hier geschrieben. Schlicht und einfach war sie, aber nackt sollte sie nicht bleiben, so von Anfang an der Wunsch der Kinder. Eigentlich hatte ich gar nicht vor, auch die Puppenkleidung mit ihnen anzufertigen, denn dafür fehlte mir die Erfahrung in Kursen, noch dazu mit Kindern. Aber irgendwann hatten sie mich so mit ihrer Vorfreude (wie sie nur Kinder haben) angesteckt, dass ich hin und her überlegte, wie es gehen könnte – mit supersimplen Schnittmustern, ohne Nähmaschine, aber dafür mit besonders tollen Stoffen.

Chaotisch war es trotzdem: Die vielen Stoffe lösten Begeisterung, aber auch Unruhe aus. An das Kopieren der Schnittmuster hatte ich gedacht, aber nicht an ausreichend Stifte zum Aufzeichnen. Teile wurden falschherum zugeschnitten. Das Nähen von Hand fanden die meisten Kinder mühsam. Auch weil das Garn ziemlich dünn war und doppelt genommen ständig Schlaufen bildete. Und Quatschen fanden die Kids sowieso viel toller als Säume zu nähen. Alles dauerte viel länger als gedacht. Nichtsdestotrotz war es ein großer Spaß und je weiter wir voranschritten, desto aufgeregter wurden die Kinder und konnten es kaum erwarten, die Kleider anzuziehen und endlich ihre Puppen in Vollendung zu sehen. Das waren richtig, richtig schöne Momente.

Dann kamen die Osterferien, in denen die letzten Fäden vernäht und teilweise weitere Kleider nach eigenen Entwürfen angefertigt wurden, die Puppen stolz den Eltern gezeigt und von Herzen bestaunt, lieb gehabt und geküsst wurden.

Anfang April trafen wir uns ein allerletztes Mal, um richtig Abschluss zu feiern. Es gab eine aufregende Fotosession, in der noch einmal jedes Kind mit seiner Puppe gewürdigt wurde. Wir schwelgten ein bisschen in Erinnerungen, futterten meinen liebsten Zitronenkuchen und lauschten „Vasalisa“, dem alten russischen Märchen von der Puppe in der Schürzentasche, das ich vor ein paar Jahren als Hörgeschichte für meinen Blog aufgenommen habe (mittlerweile hier zu finden).

Zum Abschied nahm ich noch einmal alle Puppen in die Arme und hätte am liebsten dasselbe mit den Kindern getan, so sehr waren sie mir in den letzten Wochen ans Herz gewachsen (aber das verkniff ich mir). An diesem Nachmittag war ich unendlich dankbar für diese wunderbare, bereichernde und beglückende Erfahrung.

Ein paar Beobachtungen und Bemerkenswertigkeiten:

Vier einfache Schnittmuster hatte ich vorbereitet – Hemd, Hose, Rock und Kleid. Manchen Kindern war das zu schlicht, sie hatten eigene Vorstellungen. Ganz kreativ und ohne groß darüber nachzudenken, wandelten sie meine Vorlagen ab, interpretierten sie neu oder machten etwas ganz Eigenes. Das beeindruckte mich unheimlich.

Bei den Stoffen kamen besonders gut Streifen und kleine Muster mit wenig Farbe an. Blümchen waren nicht so angesagt.

Einmal bekamen wir Besuch von der Handarbeitslehrerin. Es stellte ich heraus, dass die Kinder echt gute Tricks und Kniffe draufhaben, wenn sie nur jemand (die Handarbeitslehrerin) daran erinnerte, was sie bereits gelernt hatten. So konnte ich mir z. B. bei ihnen abgucken, wie man einen anständigen Knoten ins Fadenende macht.

Manchmal besuchten uns auch andere Kinder aus der Klasse. Mein Eindruck war, dass sie neugierig auf die AG waren und den Freundinnen und Freunden nur allzu gern bei der Puppenmacherei zur Hand gingen.

Überhaupt staunte ich immer wieder, wie gern die Kinder Handarbeiten machten. Nie hörte ich ein abwertendes Wort oder lustloses Stöhnen.

Obwohl ich den Kinder zu Beginn des Kurses mehrmals anbot, mich zu duzen, blieb A. als Einzige bis zum Ende beim „Sie“. Was irgendwann nur noch ein klitzekleines bisschen komisch für mich klang.

Als Bonus hatte ich zum letzten Termin für die besonders Schnellen ein Schnittmuster für supereinfache Ringelstrümpfe mitgebracht. Die Strümpfe waren der Hit und wurden sofort zum Lieblingsprojekt. Manche Puppen bekamen gleich mehrere Paare in verschiedenen Farben.

E. hatte die größte Freude an der Puppenkleiderschneiderei. Trotz Gipsarm vom Reitunfall brachte sie nach den Osterferien eine hübsche kleine Garderobe inklusive Regenmantel für ihre Puppe mit. Andere Kinder hatten vor den Ferien zwar meine Stoffvorräte geplündert – aber nichts damit angestellt. (Wie gut ich das von mir selbst kenne.)

Die Kinder waren untereinander immer freundlich, aufmerksam und hilfsbereit, egal was sich in der Pause vorher abgespielt hatte. Und das waren teilweise echte Dramen.

Die Puppen der Jungen bekamen zuerst ihre Namen, Karsten und Paolo. Eine andere Puppe heißt Lexi und eine Harry Potter.

Manche Kinder sind totale Abchecker. Sie registrierten jede kleine Veränderung an mir: die kurzen Haare Ende Januar, den großen Kummer, nachdem mir etwas richtig Doofes passiert war, und die neuen weinroten Nike Airs zum Frühlingsbeginn.

Wiederum nahm ich bei den Kindern auch ganz viel wahr: Stimmungen von Rosarot bis Tiefschwarz, Tuscheleien und Neckereien, Experimente mit Klamotten und Schminke, Tränen auf dem Mädchenklo, Eis zum Nachtisch in der Mittagspause, kleine Flirts und große Aufregung.

Was mich besonders freut, ist, dass die meisten Kinder weitere Puppen nähen möchten. (Harry Potter braucht schließlich noch eine Hermine.)

So einen Kurs möchte ich unbedingt noch einmal geben!

Frühlingsfrischer Zitronenkuchen

250 g sehr weiche Butter
200 g Rohrohrzucker
4 Eier
Geriebene Schale und Saft von 2 Zitronen
250 g Weizenmehl Typ 1050
1 gehäufter TL Backpulver
1 Prise Salz
1 TL Vanille
100 g Puderzucker

Butter, Zucker und Eier mit dem Schneebesen gut verrühren. Zitronenschale, Mehl, Backpulver, Salz und Vanille dazugeben und von Hand oder mit dem Mixer mischen, so dass ein glatter, fluffiger Teig entsteht. In eine gefettete Kuchenform füllen und bei 180 Grad Celsius circa 60 Minuten backen und abkühlen lassen.

Für den Guss Puderzucker und Zitronensaft verrühren. Den Kuchen rundherum mit einer Gabel einstechen und mehrmals mit dem Guss tränken, bis nichts mehr davon übrig ist. Das macht ihn so richtig schön schmackofatzig. Ihr wisst sicher, was ich meine. Enjoy!

Mehr über das Puppennähen mit Kindern findet ihr hier, mehr Rezepte hier.


13. April 2016

Mit Mariengold gemacht #1

Mit Mariengod geMacht 1

Ein Ergebnis meiner Umfrage letztes Jahr war, dass ihr gern mehr Bilder von Puppen sehen möchtet. Und zwar nicht nur meine. Das war der Startschuss für eine neue, längst überfällige Reihe hier auf meinem Blog, in der ich ab jetzt regelmäßig Puppen zeige, die andere Menschen mit meinen E-Books oder in meinen Kursen hergestellt haben. Ein herzliches Dankeschön an alle, die mir im Laufe der Jahre Bilder geschickt und ihre Freude über die selbstgemachten Goldstücke geteilt haben!

1 Diese Puppe, wie sie sitzt, wie sie schaut und was sie trägt, gehört ganz eindeutig zur Familie. Ich meine mich zu erinnern, dass ihre Macherin vor einigen Jahren bei mir im Kurs war und sich später mit einem eigenen Label selbständig gemacht hat.

2 Wie schön bei dieser Puppe Augen und Ringelshirt in demselben Grün strahlen. Und erst die Jeanslatzhose! Ich erinnere mich gut an die Kursteilnehmerin, weil sie mir ein tolles Kompliment machte: Meine Kurse seien so herrlich entspannt.

3 Helga war ein oder zwei Mal bei mir im Kurs, hat aber viel, viel mehr Puppen genäht und mir eine Zeit lang fleißig Bilder geschickt. Das Spiel mit den Farben mag sie genauso gern wie ich.

4 Mit ihren Anfang 20 war Selina die wahrscheinlich jüngste Frau bisher in meinen Kursen (bei unserer ersten Begegnung hielt ich sie sogar für die Tochter einer anderen Teilnehmerin, mit der sie zufällig gemeinsam den Kursraum betrat). Ein Blick auf ihr Label Couricoura zeigt: Selina ist eine vielversprechende Puppenmacherin einer neuen jüngeren Generation. Das Filzen ihrer wunderschönen Puppengesichter hat sie sich mit Lauras und meinem Charlie Bo E-Book selbst beigebracht.

5 Über diese Puppe weiß ich nur, dass sie mit meinem Baby Twink E-Book hergestellt wurde. Ich mag das zartliebe Gesicht und die roten Schleifen im Haar.

6 Malwine von Schomburg Ingwersen hat es mit ihren Puppen bereits in meine Fundstücke geschafft. Ich mag, wie sie meine Entwürfe umsetzt und ihre Puppen liebevoll einkleidet und ausstattet. Außerdem ist Malwine eine wahnsinnig gute Fotografin und ihre Bilder sind ein Riesengeschenk für mich.

7 Diese Puppe hat ein ganz typisches Mariengold-Gesicht, finde ich. Wenn ich solche Bilder sehe, freue ich mich, dass meine Anleitungen so gut funktionieren und es mit ein bisschen Geduld und dem Herzen in der Hand möglich ist, schöne, stabile Puppen herzustellen, ob sie nun aussehen wie das Original oder ganz anders.

8 Dankeschön-E-Mails von meinen Kundinnen und Kunden sind die beste Post. Ich sammle sie in einem Ordner mit dem Namen „Wertschätzung“. Wie toll, jetzt aus den Vollen schöpfen zu können.

Wenn ihr auch einmal Teil dieser Reihe sein möchtet, schickt eure Bilder gern an hello@mariengold.net. Mein DIY-Angebot zur Herstellung von Puppen findet ihr in meinen Shops bei Dawanda und Etsy, mein Kursangebot hier.


7. März 2016

FKK mit Zupfkuchen und Klebepünktchen

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Gut ein Jahr ist es jetzt her, dass meine Freundin Laura von 1000Rehe und ich so richtig in unser gemeinsames Projekt eingestiegen sind. Zuerst war da die Idee, zusammen einen Kreativ-Kurs zu veranstalten. Um gefilzte Puppenköpfe sollte es gehen und um ein neues Kurskonzept, eine Einladung an Menschen, die ihre Puppenmacherei weiterentwickeln und etwas Neues ausprobieren wollen. Schnell spannen wir den Faden weiter und so entstand noch vor dem allerersten Kurs im Sommer 2015 ein E-Book mit Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Herstellung unserer Filzkopfpuppe Charlie Bo.

Auch nach dem intensiven ersten Jahr unserer Zusammenarbeit erweist sich unser Doppel als echtes Dreamteam. Laura und ich ergänzen uns nicht nur hervorragend, auch ist es eine tolle Abwechslung, neben all den Kursen, die ich allein meistere, mit einer Freundin und Kollegin zusammenzuarbeiten. Was mir an Laura gefällt, sind ihre magische Hände, ihre entspannte Gelassenheit, ihre Erzählkunst und ihre Gabe, herrlich gemütliche Räume und ein wohliges Gefühl von Rundum-Willkommen-Sein zu zaubern. Laura wiederum sagt, sie schätze meinen klaren Kopf, mein Talent für Zahlen und Struktur und meine Lust am Konzipieren und Organisieren. Es passt also gut mit uns beiden.

Deshalb laden wir auch in diesem Jahr wieder herzlich zu unserem Filzkopfkurs im Berliner Friedrichshain ein. Der erste Termin fand vorletzten Samstag statt. Wieder reisten Frauen aus ganz Deutschland und sogar Österreich an. Aus dieser Vielfalt entstand im vergangenen Jahr schon die Idee, jede Teilnehmerin sich mit ihrem Wohnort auf einer großen Deutschlandkarte verewigen zu lassen. Irgendwann werden dort hoffentlich viele, viele bunte Klebepunkte zu sehen sein.

Laura und ich staunen immer wieder über das große Interesse an unserem Kurs und darüber, dass die Frauen teilweise wirklich weite Wege auf sich nehmen, um dabei zu sein. Auch freuen wir uns auch sehr, dass jedes Mal professionelle Puppenmacherinnen dabei sind, die wir sonst nur aus dem Internet kennen. Ebenfalls toll: Meist bringen die Frauen Puppen oder andere Wesen aus ihren Händen mit, die sich dann auf unserem grünen Samtsofa tümmeln und immer wieder für Gespräche, Streicheleinheiten, Liebesbekundungen und sogar die ein oder andere Bestellung zwischendurch sorgen.

Kunterbunt und fröhlich sind sie, unsere Runden im Theater am Schlachthof, der vielleicht kleinsten Off-Bühne der Stadt mit dem wohl am vielseitigsten genutzten Raum. Wir füllen ihn gern mit Leben und Lachen, Fadenresten und Wollmäusen, Stöhnen und Staunen, abgebrochenen Filznadeln und Kuchenkrümeln, Schnattern und Schweigen, Nähmaschinensurren und Rischrischrisch und vor allem vielen Ohs und Ahs für all die wunderbaren, liebenswerten und eigensinnigen Filzköpfe, die in stundenlanger Hingabe unter den Händen unserer abenteuerlustigen und furchtlosen Teilnehmerinnen entstehen.

Mehr zu unserem Filzkopfpuppenprojekt findet ihr hier, das Charlie Bo E-Book zur Herstellung unserer Filzkopfpuppe hier. Unser nächster und auch letzter Filzkopfkurs in diesem Jahr findet am Samstag, den 24. September statt. Details hier, Anmeldungen an hello@mariengold.net.


2. März 2016

Kids Kurs #2: Eine Puppe für die Kinder

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Meine Puppennäh-AG an einer Schule in Berlin schreitet voran. Seit Anfang Januar stelle ich mit sechs Mädchen und zwei Jungen einer 6. Klasse einfache Stoffpuppen her. Meine ersten Eindrücke dazu findet ihr hier.

Mittlerweile sind die Puppen fertig genäht. Wow! Dafür brauchte es sechs Freitagnachmittage à 1,5 Stunden, vier große Tüten Studentenfutter, unzählige „Maria, ist es richtig so?“, einen klitzekleinen Tiefpunkt meinerseits Mitte Februar, vor allem aber ganz viel Freude am gemeinsamen Werkeln mit Nadel und Faden, Stopfwolle und Trikotstoff, Puppenhaargarn und Buntstiften.

Bevor es morgen mit der Herstellung der Kleidung weitergeht, möchte ich euch heute ein bisschen von der speziellen Puppe erzählen, die ich mit den Kindern genäht habe.

Da ich überhaupt nicht wusste, welche Fähigkeiten die Mädchen und Jungen mitbringen, worauf sie Lust haben, wie hoch ihre Aufmerksamkeit am Freitag Nachmittag ist und was sie sich selbst zutrauen, war das größte Fragezeichen in der Planung natürlich die Puppe. Wie sollte sie aussehen? Wie groß sollte sie sein? Welche Techniken sollten zum Einsatz kommen? Soweit wie möglich vereinfachen oder nicht?

Einerseits wollte ich es den Kindern und mir so leicht wie möglich machen, andererseits wollte ich sie und auch mich ein bisschen herausfordern. Sie sollten Gelegenheit bekommen, etwas Neues zu lernen und ein bisschen über sich hinauszuwachsen. Dasselbe galt für mich: Ich wollte meine Komfortzone verlassen und neue Erfahrungen machen.

Schließlich entschied ich mich, die Puppe Pip aus meinem Portfolio als Grundlage für den neuen Entwurf zu verwenden. Pip ist eine ganz einfache Puppe. Sie hat einen klassisch gestalteten Kopf nach Waldorfart. Ihr Körper besteht aus einem Stück, wobei die Arme und Beine abgesteppt sind, damit sie gut beweglich sind und die Puppe auch sitzen kann. Hände und Füße sind gut ausgeprägt, andere Körperformen dagegen nur angedeutet. Alles so einfach wie möglich eben.

Aber es ging noch einfacher. Entsprechende Änderungen nahm ich an Schnitt, Technik und Herstellungsweise vor. Zum Beispiel reduzierte ich die Zahl der Abbindefäden am Kopf, ließ den Rumpf nicht so prall stopfen, damit die Kinder es leichter hatten beim Schließen der letzten Nähte, und zeigte ihnen, wie sie Augen und Mund ganz einfach mit Aquarellbuntstiften aufmalen konnten.

So entstanden Woche um Woche acht schlichte und einfache Puppen, deren einzelne Arbeitsschritte sich gut auf unsere anderthalbstündigen Termine aufteilen ließen. Manches fiel leichter als gedacht (der Matratzenstich, die Hals- und Schulternähte), anderes stellte sich als mittelgroße Herausforderung dar (das Absteppen der Arme und Beine). Manche Kinder benötigten viel Unterstützung und Ermutigung, andere arbeiteten selbständig und ohne viel Anleitung. Manche überraschten mich mit ihrer Hingabe und Ausdauer, Genauigkeit und Sorgfalt, wieder andere bewunderte ich für ihre Leichtigkeit und das Fehlen jeglichen Perfektionismus. Alle waren auf ihre ganz eigene Art und Weise dabei, frisch und fröhlich am Werkeln und rundum glücklich mit ihren Puppen am Entstehen und schließlich letzten Freitag in der Vollendung.

Einige Beobachtungen:

Von Anfang fanden die Kinder den Bauch der Puppe, die ich immer zur Anschauung dabei hatte, zu dick. Als es schließlich ans Füllen des Rumpfes ging, waren alle sehr zurückhaltend und formten eher schmale Bäuche.

Details wie ein Bauchnabel oder Ohren waren den Kindern nicht so wichtig. Die kleinen Näschen dagegen lösten größtes Entzücken aus.

Das Wort „Schwänzchen“ (im Sinne von Fadenende) ging gar nicht und löste bei den 11- bis 12-Jährigen jedes Mal unglaubliche Kicheranfälle aus. Meine Tochter, die auch in der AG dabei ist, bat mich irgendwann sogar ausdrücklich, es lieber nicht mehr zu verwenden.

Die Kinder sind begeistert (und auch ein bisschen stolz, glaube ich), dass ich auf meinem Blog über unseren Kurs schreibe. Allerdings wollen sie alle nicht, dass Fotos von ihnen im Internet veröffentlicht werden.

Zwei verschiedene Haarfarben waren der Hit bei den Kindern. Am besten gefällt mir die Kombination von Rosa und Pippi-Langstrumpf-Rot, die M. für die Puppe für ihre kleine Cousine auswählte.

Genauso experimentierfreundig waren sie bei der Gestaltung von Augen und Mund. Ganz anders als die Erwachsenen in meinen anderen Kurse schienen die Kinder überhaupt kein Muffensausen vor diesem Arbeitsschritt zu haben. Stattdessen griffen sie beherzt zu den Stiften und legten ohne Zögern los. Manche holten sogar ihr Mäppchen raus und malten die Gesichtsmerkmale mit Filzstiften auf.

Von der ersten bis zur letzten Naht hatten die Kinder Herzchen in den Augen. Jeden Freitag gibt es viele Liebesbekundungen, Pläne für die Puppenkleidung und die Verwendung oder Verschenkung der kleinen Goldstücke sowie aufgeregte Fragen nach weiteren Kursen. Was wiederum mein Herz zum Überquellen bringt.

Nicht nur Erwachsene, auch Kinder lieben es, Stoffe einzukaufen, zu sortieren und sich vorzustellen, was alles aus den Schätzchen entstehen könnte. (Ein bisschen Bammel habe ich allerdings schon vor der Puppenkleiderschneiderei im Klassenzimmer.)

Die Arbeit mit den Kindern ist eine große Bereicherung. Ich habe immer geglaubt, nicht besonders gut mit Kindern umgehen zu können. Aber das stimmt nicht. Und das macht mich gerade ganz glücklich.

Es geht auch anders. Ich habe es sehr genossen, den Fokus nicht auf Meisterschaft, sondern Machbarkeit für die Kinder zu legen. Puppen müssen nicht wahnsinnig fest gestopft sein. Und es ist ok, wenn eine Naht schief sitzt oder ein Faden nicht sauber vernäht ist. Die Kinder haben ihre Puppen auch so sehr, sehr lieb. Einfach weil sie sie mit ihren eigenen Händen angefertigt und dabei aus ihren Herzen geschöpft haben.

Mehr über das Puppennähen mit Kindern findet ihr hier.


25. Januar 2016

Kids Kurs #1: Puppen nähen und Flöhe hüten

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Tafel

Was ist noch schöner, als Puppen für Kinder zu nähen?
Gemeinsam mit Kindern Puppen zu nähen!

Gleich zu Beginn des neuen Jahres ging es für mich mitten hinein ins fette, pralle Leben und ich startete eine Puppennäh-AG für furchtlose Sechstklässler an der Schule meiner Tochter. Acht Kinder, sechs Mädchen und zwei Jungs zwischen 11 und 12 Jahren, hatten sich angemeldet, um mit mir an zehn Freitagnachmittagen Puppen herzustellen.

Zugegeben, vor keinem Puppenähkurs mit Erwachsenen in der Vergangenheit hatte ich je so großes Herzklopfen. (Ganz zu schweigen von den schlaflosen Nächten vorher.) Zwar war ich gut vorbereitet, hatte ausführliche Gespräche mit der Klassenlehrerin, der Handarbeitslehrerin und meiner Tochter geführt, aber im Grunde hatte ich überhaupt keine Ahnung, was auf mich zukommen würde. Also hinein ins kalte Wasser!

Nach dem ersten Termin wusste ich: Puppen mit Kindern zu nähen, ist, wie einen Sack Flöhe zu hüten und dabei Puppen zu nähen. Aber es ist auch ganz, ganz wunderbar und berührend, lustig und erstaunlich, beglückend und erquicklich.

In den nächsten Wochen werde ich euch ein bisschen von meinen Erfahrungen erzählen, Tipps und Tricks teilen und zwei, drei Profis in Sachen Handarbeit und Kreativ-Sein mit Kindern zu Wort kommen lassen. Beginnen möchte ich heute mit einigen Erkenntnissen, Beobachtungen und Lektionen der letzten drei Wochen.

Keep it simple. Von Beginn des Projektes an sagte mir mein Gefühl, ich solle es den Kindern und mir so leicht wie möglich machen. Also entwarf ich eine besonders schlichte und einfache Puppe, die sich mit einer überschaubaren Anzahl von Arbeitsschritten herstellen lässt und einen Workflow ermöglicht, der sich gut auf zehn anderthalbstündige Termine verteilen lässt. Mehr dazu beim nächsten Mal.

Es ist bemerkenswert, welche Fähigkeiten die Kinder aus fünfeinhalb Jahren Handarbeitsunterricht mitbringen. Sie können stricken, häkeln, nähen und sticken. Sie wissen, woher die Stopfwolle kommt, haben keine Angst vor Nadel und Schere und sprudeln über vor kreativen Ideen für ihre Puppen.

Mein neues Mantra. Mit Kindern Puppen zu nähen, lässt sich zwar gut auf dem Reißbrett planen, in der Praxis aber kommt es oft ganz anders. Darauf hatte ich mich schon lange vorher eingeschwungen und mir immer wieder gesagt: Sei offen – so wie es kommt, ist es genau richtig. Tatsächlich ist dieser Aspekt für mich die größte Herausforderung. Routine gibt mir schon immer ganz viel Sicherheit. Jetzt mit den Kindern lerne ich, Halt in der Flexibilität zu finden. Und das gelingt mir sogar ziemlich gut.

Eine neue Zeitrechnung beginnt. Kinder arbeiten in einem anderen Tempo. Sie sind furchtlos und flink, aber nicht besonders ausdauernd. Die Zeiteinteilung, wie sie sich in meinen Puppennähkursen für Erwachsene bewährt hat, funktioniert hier nicht. Stattdessen plane ich stets großzügig, immer nur von Termin zu Termin und stelle mich jedes Mal darauf ein, dass es ganz auch ganz anders kommen kann.

Es sind die kleinen Dinge. Ich bin immer ganz gerührt, wenn ich sehe, wie die Kinder meine Visitenkarte mit der handgeschriebenen Telefonnummer wie einen Schatz hüten, mit welcher Freude sie sich auf einen Stapel Mariengold-Herzchen-Aufkleber stürzen oder wie ihre Augen leuchten, wenn ich meine Kamera auf das Werk ihrer Hände richte.

Studentenfutter geht immer. Essen beruhigt die Nerven. Das ist bei Erwachsenen so. Und bei Kindern auch. Schokolade dagegen macht zwar glücklich, hinterlässt aber Spuren auf dem Puppentrikot.

Die Kinder sind sich einig, dass ich anders bin als ihre Lehrerinnen und Lehrer. Was auch immer das heißen mag, ich fühle mich wohl und habe das Gefühl, die Kinder tun es auch und sind glücklich mit den Puppen.

Ganz große Liebe. Von Anfang an hatten die Puppen, die zur Zeit nicht mehr sind als ein Kopf und zwei gestopfte Beine, einen festen Platz im Herzen ihrer Kinder. Sie überhäufen sie mit Küssen, schauen sie verliebt an und schwören, sie niemals wegzugeben. Ich habe schon mehrmals gehört, wie T. zu seinem Werk sagte: „Meine Puppe ist schön.“

Die Freude der Kinder ist ansteckend. Nach jedem Puppennähnachmittag bin ich rundum glücklich und zufrieden und gehe ein bisschen erschöpft zwar, aber vor allem erfüllt ins Wochenende.

Mehr über das Puppennähen mit Kindern sammle ich ab jetzt hier. Schreibt mir gern an hello@mariengold.net, wenn ihr Wünsche und Ideen für diese Reihe habt.