Als diese Krise begann, war mein erster Gedanke, dass ich mir jetzt wohl eine richtige Arbeit suchen müsse, einen krisensicheren Job, am besten eine systemrelevante Tätigkeit, um mich für die Zukunft abzusichern. Denn wer würde jetzt noch Puppen kaufen? Wer einen Kurs buchen? Wer die Muße haben, etwas mit den Händen anzufertigen? Mein Herz sackte ins Bodenlose, das Gedankenkarussel begann zu kreisen und mein Mut machte sich auf Hasenfüßen davon. Bis mich an Tag Vier des Ausnahmezustands folgende Nachricht von meiner lieben Kursteilnehmerin Tanja erreichte:
„Ich sitze gerade in unserem Wohnzimmer und halte meine Puppe in den Händen, die ich bei dir in Berlin genäht habe, und versuche durchzuatmen. (…) Ich frage mich, wie es dir geht. Puppen nähen tut der Seele gut, ich teile das gerade so sehr. (…) Für heute habe ich mir fest vorgenommen, den Fokus wieder mehr auf Achtsamkeit zu richten, Ruhe, Besonnenheit und Zuversicht zu fühlen und zu teilen, meine Sinne zu öffnen für das, was ich sonst noch spüren kann und mehr spüren möchte, wenn die Angst sich im Hintergrund hält. Liebe Maria, in Gedanken umarme ich dich ganz fest!“
Ihr könnt euch vorstellen, wie es weiterging. Tränen der Rührung flossen, mein Herz blühte auf vor Dankbarkeit und ich bekam allmählich eine Idee davon, was mein Beitrag in dieser Zeit sein könnte, was meine Arbeit jetzt bewirken könnte. Dass sie ein Licht sein kann.
Mir auszumalen, dass Puppen, die nach meinen Anleitungen, in meinen Kursen oder durch meine eigenen Händen angefertigt worden waren, jetzt Halt und Trost böten, Freude und Liebe schenkten und Menschen sich weniger allein fühlen ließen, richtete mich wieder in meine volle Größe auf und gab mir die Kraft und machte mir auch Lust weiterzumachen.
Tatsächlich zeichnete sich bereits in der ersten Woche ein Anstieg der Nachfrage meines DIY-Angebot ab. Himmel, war ich da wieder froh, dass mein Business so breit aufgestellt ist! Denn zu diesem Zeitpunkt war schon absehbar, dass ich die kommenden Kurse absagen müsste, und ungewiss, wie es mit dem Verkauf meiner handgemachten Puppen weitergehen würde.
Puppen wollten meine Kundinnen erst einmal selber nähen. Um ihre Hände zu beschäftigen und sich abzulenken, um sich in der freigewordenen Zeit einen lang gehegten Wunsch zu erfüllen oder weil sie jemanden vermissten, so wie Eva: „Ich freue mich schon auf das Material. Das gibt eine Puppe für meine Enkeltochter, die ich aktuell leider nicht sehen kann. Aber beim Nähen fühle ich mich ihr nahe.“
Puppenmachen tut der Seele gut, gerade jetzt, wo wir auf Abstand zu unseren Liebsten gehen müssen und die Nachrichtenlage zuweilen erdrückend ist. Durch die Handarbeit können wir wieder mehr zu uns selbst und in die Stille finden. In unsere Schöpferkraft kommen und neuen Mut und Zuversicht für die Zukunft erlangen. Uns von der Schönheit, die wir imstande sind mit unseren eigenen Händen zu erschaffen, überraschen und berühren lassen. Unsere Aufmerksamkeit auf etwas Erhebendes und Aufbauendes lenken. Uns mit unserem Herzen und den Menschen verbinden, die wir lieben. Es tut gut, jetzt unsere Selbstwirksamkeit zu spüren und zu erleben, dass es einen Teil in uns gibt, der unendlich stark, unverletzlich und völlig unabhängig von den äußeren Umständen ist, so unangenehm, beängstigend und widrig sie auch sein mögen.
Außerdem ist es jetzt, da wir viel weniger Berührung erfahren und geben dürfen, ein wahres Geschenk für unsere Sinne, mit natürlichen, weichen, duftenden Materialien zu werkeln und als Ergebnis ein Wesen in den in den Händen halten und fest in die Arme nehmen zu können, das sich so fein und zugleich kernig, warm, kraftvoll und aufgeweckt anfühlt, dass man auch seine eigene Lebendigkeit wieder mehr spürt.
Auch bei den Menschen, die jetzt keine Puppe eigenhändig anfertigen, sondern sie bei mir bestellen, höre ich den Wunsch heraus, sich selbst eine Freude machen zu wollen. Eine Kundin, die letzte Woche die Puppe Lovis kaufte, schrieb mir, dass sie sich in diesen Zeiten damit etwas Gutes tun wolle. Eine andere Kundin kaufte Vienna für ihre gerade geborene erste Enkeltochter, die sie aufgrund der Umstände erst einmal nicht sehen kann, aber die Aussicht genießt, ihr die Puppe irgendwann persönlich zu überreichen.
Solche persönlichen Einblicke sind gerade Balsam für meine Puppenmacherinnenseele und lassen mich zusammen mit all euren lieben Nachrichten, Bestellungen und Einkäufen (auch aus purer Solidarität, das rührt mich sehr), Mutmachworten, Trostgedanken, offenen Ohren, großen Herzen und virtuellen Umarmungen immer wieder spüren und wissen, dass meine Arbeit auch in diesen Zeiten wertvoll und nützlich ist und dafür danke ich euch tausendfach!
Was die Zukunft bringt, weiß ich nicht. Aber hier und jetzt bin ich mit Mariengold für euch da und wünsche euch alles Liebe und viel Vertrauen in die Kraft eurer Herzen und eurer Hände!
Meine DIY-Angebot zum Puppenmachen findet ihr in meinem Shop, Puppen für den Sofortkauf, sofern gerade erhältlich, immer hier, die Goldene Postkarte von dem Bild zu Beginn hier. Bestellungen für Wunschpuppen sind jederzeit Willkommen an hello@mariengold.net. Und ich freue mich auch über neue Follower bei Instagram!