2. März 2016

Kids Kurs #2: Eine Puppe für die Kinder

DSC02738

DSC02719

DSC02718

DSC02785

DSC02789

DSC02786

DSC02823

DSC02833

DSC02836

DSC02811

DSC02790

DSC02748

DSC02827

DSC02840

Meine Puppennäh-AG an einer Schule in Berlin schreitet voran. Seit Anfang Januar stelle ich mit sechs Mädchen und zwei Jungen einer 6. Klasse einfache Stoffpuppen her. Meine ersten Eindrücke dazu findet ihr hier.

Mittlerweile sind die Puppen fertig genäht. Wow! Dafür brauchte es sechs Freitagnachmittage à 1,5 Stunden, vier große Tüten Studentenfutter, unzählige „Maria, ist es richtig so?“, einen klitzekleinen Tiefpunkt meinerseits Mitte Februar, vor allem aber ganz viel Freude am gemeinsamen Werkeln mit Nadel und Faden, Stopfwolle und Trikotstoff, Puppenhaargarn und Buntstiften.

Bevor es morgen mit der Herstellung der Kleidung weitergeht, möchte ich euch heute ein bisschen von der speziellen Puppe erzählen, die ich mit den Kindern genäht habe.

Da ich überhaupt nicht wusste, welche Fähigkeiten die Mädchen und Jungen mitbringen, worauf sie Lust haben, wie hoch ihre Aufmerksamkeit am Freitag Nachmittag ist und was sie sich selbst zutrauen, war das größte Fragezeichen in der Planung natürlich die Puppe. Wie sollte sie aussehen? Wie groß sollte sie sein? Welche Techniken sollten zum Einsatz kommen? Soweit wie möglich vereinfachen oder nicht?

Einerseits wollte ich es den Kindern und mir so leicht wie möglich machen, andererseits wollte ich sie und auch mich ein bisschen herausfordern. Sie sollten Gelegenheit bekommen, etwas Neues zu lernen und ein bisschen über sich hinauszuwachsen. Dasselbe galt für mich: Ich wollte meine Komfortzone verlassen und neue Erfahrungen machen.

Schließlich entschied ich mich, die Puppe Pip aus meinem Portfolio als Grundlage für den neuen Entwurf zu verwenden. Pip ist eine ganz einfache Puppe. Sie hat einen klassisch gestalteten Kopf nach Waldorfart. Ihr Körper besteht aus einem Stück, wobei die Arme und Beine abgesteppt sind, damit sie gut beweglich sind und die Puppe auch sitzen kann. Hände und Füße sind gut ausgeprägt, andere Körperformen dagegen nur angedeutet. Alles so einfach wie möglich eben.

Aber es ging noch einfacher. Entsprechende Änderungen nahm ich an Schnitt, Technik und Herstellungsweise vor. Zum Beispiel reduzierte ich die Zahl der Abbindefäden am Kopf, ließ den Rumpf nicht so prall stopfen, damit die Kinder es leichter hatten beim Schließen der letzten Nähte, und zeigte ihnen, wie sie Augen und Mund ganz einfach mit Aquarellbuntstiften aufmalen konnten.

So entstanden Woche um Woche acht schlichte und einfache Puppen, deren einzelne Arbeitsschritte sich gut auf unsere anderthalbstündigen Termine aufteilen ließen. Manches fiel leichter als gedacht (der Matratzenstich, die Hals- und Schulternähte), anderes stellte sich als mittelgroße Herausforderung dar (das Absteppen der Arme und Beine). Manche Kinder benötigten viel Unterstützung und Ermutigung, andere arbeiteten selbständig und ohne viel Anleitung. Manche überraschten mich mit ihrer Hingabe und Ausdauer, Genauigkeit und Sorgfalt, wieder andere bewunderte ich für ihre Leichtigkeit und das Fehlen jeglichen Perfektionismus. Alle waren auf ihre ganz eigene Art und Weise dabei, frisch und fröhlich am Werkeln und rundum glücklich mit ihren Puppen am Entstehen und schließlich letzten Freitag in der Vollendung.

Einige Beobachtungen:

Von Anfang fanden die Kinder den Bauch der Puppe, die ich immer zur Anschauung dabei hatte, zu dick. Als es schließlich ans Füllen des Rumpfes ging, waren alle sehr zurückhaltend und formten eher schmale Bäuche.

Details wie ein Bauchnabel oder Ohren waren den Kindern nicht so wichtig. Die kleinen Näschen dagegen lösten größtes Entzücken aus.

Das Wort „Schwänzchen“ (im Sinne von Fadenende) ging gar nicht und löste bei den 11- bis 12-Jährigen jedes Mal unglaubliche Kicheranfälle aus. Meine Tochter, die auch in der AG dabei ist, bat mich irgendwann sogar ausdrücklich, es lieber nicht mehr zu verwenden.

Die Kinder sind begeistert (und auch ein bisschen stolz, glaube ich), dass ich auf meinem Blog über unseren Kurs schreibe. Allerdings wollen sie alle nicht, dass Fotos von ihnen im Internet veröffentlicht werden.

Zwei verschiedene Haarfarben waren der Hit bei den Kindern. Am besten gefällt mir die Kombination von Rosa und Pippi-Langstrumpf-Rot, die M. für die Puppe für ihre kleine Cousine auswählte.

Genauso experimentierfreundig waren sie bei der Gestaltung von Augen und Mund. Ganz anders als die Erwachsenen in meinen anderen Kurse schienen die Kinder überhaupt kein Muffensausen vor diesem Arbeitsschritt zu haben. Stattdessen griffen sie beherzt zu den Stiften und legten ohne Zögern los. Manche holten sogar ihr Mäppchen raus und malten die Gesichtsmerkmale mit Filzstiften auf.

Von der ersten bis zur letzten Naht hatten die Kinder Herzchen in den Augen. Jeden Freitag gibt es viele Liebesbekundungen, Pläne für die Puppenkleidung und die Verwendung oder Verschenkung der kleinen Goldstücke sowie aufgeregte Fragen nach weiteren Kursen. Was wiederum mein Herz zum Überquellen bringt.

Nicht nur Erwachsene, auch Kinder lieben es, Stoffe einzukaufen, zu sortieren und sich vorzustellen, was alles aus den Schätzchen entstehen könnte. (Ein bisschen Bammel habe ich allerdings schon vor der Puppenkleiderschneiderei im Klassenzimmer.)

Die Arbeit mit den Kindern ist eine große Bereicherung. Ich habe immer geglaubt, nicht besonders gut mit Kindern umgehen zu können. Aber das stimmt nicht. Und das macht mich gerade ganz glücklich.

Es geht auch anders. Ich habe es sehr genossen, den Fokus nicht auf Meisterschaft, sondern Machbarkeit für die Kinder zu legen. Puppen müssen nicht wahnsinnig fest gestopft sein. Und es ist ok, wenn eine Naht schief sitzt oder ein Faden nicht sauber vernäht ist. Die Kinder haben ihre Puppen auch so sehr, sehr lieb. Einfach weil sie sie mit ihren eigenen Händen angefertigt und dabei aus ihren Herzen geschöpft haben.

Mehr über das Puppennähen mit Kindern findet ihr hier.

in: Kurse, Puppennähen mit Kindern