Als ich mich vor 15 Jahren selbständig gemacht habe, war ich Mitte 20 und hatte keine Ahnung, was ich da eigentlich mache. Ich war jung, ich hatte Power und Lust, war neugierig und probierte es einfach aus. Was mir sicher zugute kam, war mein Studium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation, das ich kurz vorher beendet hatte, aber abgesehen davon betrat ich Neuland, ohne Landkarte, ausgestattet nur mit meinem inneren Kompass. Heute kann ich sagen, dass diese Reise eines der größten Abenteuer meines Lebens ist, bei dem es kein finales Ziel, sondern nur den Genuss der Erfahrung im Hier und Jetzt gibt.
Wenn ich heute Menschen kennenlerne, die etwas Ähnliches vorhaben und mich um Rat bitten, kann ich zwar hier und da Tipps geben und vor allem Mut machen, aber eine Expertin bin ich noch lange nicht. Deshalb merkte ich auch mit großen Augen auf, als ich das Buch „Mein Kreativ-Business: Unternehmensgründung im Kreativbereich“ von Dunja Supp entdeckte. Spätestens beim Blick auf den Inhalt war klar, dass dies genau das Buch ist, das ich vor 15 Jahren gebraucht hätte.
Von der Ideenfindung und ersten Schritten, über rechtliche Fragen, Sortiment, Preisgestaltung und Vertriebswege, Workshops, Branding, Sichtbarkeit und Marketing, bis hin zu Motivation und Krisenmanagement, Selbstorganisation, Money-Mindset und Weiterbildung werden alle Themen abgedeckt, die auf dem Weg in die Selbständigkeit relevant sind. Die Autorin, selbst Unternehmensgründerin mit eigenem Stoffgeschäft und immer tausend Ideen im Kopf, liefert solide und verständliche Informationen, gibt jede Menge Tipps und Anregungen aus der Praxis und plaudert immer wieder aus dem sprichwörtlichen eigenen Nähkästchen. Ich habe das Buch von Anfang bis Ende gelesen und befinde: Es ist ein sehr gutes, sehr hilfreiches Buch, auf das ich jetzt immer verweisen werde.
Der Bedarf ist nach meiner Einschätzung tatsächlich groß, denn die meisten Menschen, die sich im Kreativbereich selbständig machen wollen, verstehen erst einmal nichts oder nur wenig von Unternehmensgründung. Daran sollte die Umsetzung von großartigen Ideen und verrückten Träumen aber nicht scheitern. Denn diese Menschen und ihre Projekte und Kunstwerke und Verrücktheiten, die so viel Schönheit, Freude, Inspiration und Heilung in das Leben bringen, würden der Welt schlicht fehlen. Das war sicher auch einer der Gründe, warum Dunja Supp dieses Buch geschrieben hat. Mehr erzählt sie im Interview:
Dein Buch heißt „Mein Kreativ-Business“. Wie kommen Kreativität und Business bei dir zusammen? Was ist dein Hintergrund?
Eigentlich wollte ich Germanistik studieren, aber ein Studium war finanziell nicht drin, weil meine Mutter zu diesem Zeitpunkt sehr schwer erkrankt ist. Also habe ich eine Banklehre gemacht, weil ich dachte, das ist eine gute Basis und dann hab ich schon mal etwas in der Tasche. Der Witz an der Sache war, daß mir das dann wirklich Spaß gemacht hat. Danach habe ich ein BWL-Studium in der Abendschule drangehängt. Genäht habe ich schon immer und es hat mir immer Freude gemacht. Gelernt habe ich das von meiner Oma. Mit den Kindern und meinem ersten eigene Zuhause habe ich mich an einer alten Klapper-Discounter-Nähmaschine ausgetobt. Plötzlich wollten alle aus dem Freundes- und Bekanntenkreis etwas genäht haben und fragten an, ob ich ihnen das beibringen könnte. Mit einem Dawanda-Shop habe ich gestartet und dann einen Raum angemietet. Ein Jahr später habe ich einen Laden angemietet und bin durchgestartet.
Wie bist Du auf die Idee für das Buch gekommen?
In meinen Kursen habe ich viele Menschen kennengelernt, die meinen Weg sehr ungewöhnlich fanden. Eine „sichere“ Stelle in der Bank aufzugeben, um dann mit einer Tätigkeit, die eher mit Hobby als mit Geld verdienen assoziiert wird, das ist für manche schwer nachvollziehbar. In meiner Familie gibt es sehr viele Selbstständige und für mich ist das eher Normalität. Ich denke, dass es rund um das Thema viele Fragen gibt und ich wollte einfach nicht, dass irgendwo jemand sitzt, der gerne seine Ideen realisieren möchte und sich von dem ganzen Drumherum davon abhalten läßt. Ich habe den theoretischen Unterbau und glaube fest daran, daß es wichtig ist, dass wir unsere Ideen verwirklichen. Und dann sehe ich ganz viele, ganz wunderbare Kreative, die unglaubliche Arbeiten machen, aber das nicht vermarkten können und in der Folge auch nicht davon leben können. Das ist traurig, die Welt braucht dringend schöne Dinge. Und ich habe in vielen Gesprächen gemerkt, daß es viele ungelebte Träume gibt. Da wollte ich etwas Handfestes dagegen setzen und Mut machen.
Worin liegen deiner Erfahrung nach die größten Herausforderungen für Menschen, die sich mit einem Kreativ-Business selbständig machen wollen?
Es steht der Irrglaube im Raum, dass man „damit“ kein Geld verdienen kann. Es braucht einen ganzen Sack voll Arbeit , Geduld und gute Nerven. Ich hatte das große Glück, dass meine Familie und im Besonderen mein Mann und meine besten Freunde immer daran geglaubt haben, dass das etwas Gutes wird. Ich kenne aber KollegInnen, die immer mit den negativen Stimmen aus dem Umfeld zu kämpfen haben. Ich hatte viele Momente, in denen ich an mir selbst gezweifelt habe. Da tut es so, so gut, etwas Positives zu hören und Menschen zu spüren, die dir Mut machen. Die negativen Stimmen kommen oft von Menschen, die selbst eine ungelebte Idee haben, und denen Du jetzt zeigst, dass es eben doch geht. Und da war es ein großes Learning für mich, dass diese Negativität nichts mit mir zu tun hat, sondern in meinem Gegenüber begründet ist.
Was ist dein wichtigster Tipp für angehende Selbständige in diesem Bereich?
Lasse Dich nicht beirren. Schaue nicht nach den ganzen anderen links und rechts, mache dein Ding. Versuche nicht, es allen und jedem recht zu machen und ein möglichst breites Angebot zu haben, mache das, was DU schön findest, zeige DEINEN Stil. Stehe für deine Werte, deine Themen. Vergleiche dich nicht mit anderen, die alle vermeintlich schneller/höher/schöner/weiter sind.
Das Thema Workshops hat eigenes Kapitel in deinem Buch. Was macht dir am meisten Freude an solchen Veranstaltungen?
Das größte Geschenk am Ende eines Workshops ist es, wenn meine TeilnehmerInnen fröhlich 10 cm über dem Fußboden schweben und von einem Ohr bis zum anderen grinsend den Laden mit ihrem selbstgenähten Schatz verlassen. Ich hätte nie, nie, niemals gedacht, dass so viele Menschen von sich selbst denken, sie würden das nicht können. Sie haben einmal von irgendjemandem etwas ungeduldig erklärt bekommen, vielleicht hat ein-/e Verwandte/HandarbeitslehrerIn einen blöden Kommentar gemacht und zack, hält sich jemand für unbegabt. Das sitzt oft so tief. Und jede/r, wirklich jede/r kann mit einer Nähmaschine nähen, wenn es einmal ordentlich erklärt wird. Und dann entstehen unendliche Möglichkeiten. Diese Tür für andere zu öffnen, das liebe ich sehr.
Du bietet auch Business-Coachings an. Wie kann man sich das vorstellen?
Jede Lebenssituation, aus der heraus sich jemand selbständig macht, ist anders. Du kannst nie den einen Weg mit dem anderen vergleichen. Und so stößt jede/r auch an unterschiedliche Klippen und Fragen. Da braucht es manchmal den Blick von außen, Jemanden, der dir Mut macht und vielleicht ganz neue Möglichkeiten aufzeigt. Wir schauen uns die aktuelle Situation an und den Punkt, an den der/die Teilnehmer/-in gerne hinmöchte. Und dann überlegen wir, wie wir dahin kommen, mit den Gegebenheiten, die es eben gibt. Coachings gibt es persönlich oder per Zoom-Call, und ich finde es immer wieder so schön zu sehen, was das auslöst. Eine Teilnehmerin traute sich nicht, wirklich durchzustarten und meinte, sie hätte einfach keinen Platz für Ihr Business. Als sie nach dem Coaching mit ganz viel Energie nach Hause kam, fiel ihr eine Rumpelecke auf, die sie sofort in Angriff nahm. Ich bekam ein Foto von vielen Müllsäcken und abends eine sehr glückliche Whatsapp, daß sie sich Platz geschaffen hatte, und sie hatte schon begonnen, es sich dort schön zu machen. Und darum geht es im ganz wortwörtlichen und im übertragenen Sinn. Man muß sich manchmal den Raum schaffen. Manchmal ist es wie bei einer Klebebandrolle, bei der man versucht, den Anfang zu finden: Man kriegt das nicht richtig abgeknibbelt, aber wenn man den Anfang mal hat, dann läuft es. Im Grunde knibbeln wir bei so einem Coaching einfach das Klebeband ab. Damit es dann läuft.
Du hast ein Buch geschrieben, führst dein eigenes Stoffgeschäft, gibst Kreativ-Workshops und begleitest Menschen in die berufliche Selbständigkeit. Welche Pläne hast du für die Zukunft?
Ganz lieben Dank, dass Du das mal so schön für mich zusammengefasst hast. Wenn ich das so lese, dann mache ich ja eine ganze Menge. Im Mai geht es zuallererst mal auf einen zauberhaften Workshop mit dir und Laura. In meinem neuen Ladengeschäft bin ich ja erst seit Oktober 2021 und es ist wie eine riesengroße Spielwiese, ein Meer an Möglichkeiten. Ich fühle mich in diesen Räumen so wohl und freue mich so daran. Das Buch zu schreiben war wirklich herausfordernd, aber ich habe gemerkt, dass es möglich ist und eine weitere Buchidee habe ich bereits im Kopf. Ich habe Pläne für den Online-Shop und eine eigene kleine Produktlinie ist auch im Werden. Das möchte ich gerne ausbauen, das Herstellen von Produkten. Ich liebe es, Dinge zu entwerfen und im Geschäft soll eine kleine Manufaktur entstehen, damit wir hier bald wunderbare, handgemachte Produkte anbieten können.
Liebe Dunja, vielen Dank für das Interview. Ich freue mich sehr, dich auf unserer Landpartie persönlich kennenzulernen und bin sicher, dass es dort viele offene Ohren für deine Expertise geben wird. Alles Gute für dich und dein Nähzimmer mit Herz!
Dunja Supp: Mein Kreativ-Business: Unternehmensgründung im Kreativbereich, Haupt Verlag, ISBN: 9783258602431, 26 Euro.
Weitere Einblicke in Dunjas Arbeit gibt es auf ihrer Internetseite und bei Instagram unter @naehzimmermitherz.
© Bilder Dunja Supp
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