8. Januar 2024

Liebevoll handgemacht (Hello 2024)

In meiner Nachbarschaft gibt es eine kleine Änderungsschneiderei, an der ich oft vorbeikomme. Einmal waren dort im Schaufenster Handtaschen ausgestellt, gehäkelte, genähte, gepatchworkte, die Preisschilder herzförmig aus rotem Papier ausgeschnitten und von Hand beschriftet, die Preise selbst recht niedrig angesetzt, dazu ein Aufsteller, auf dem „Liebevoll handgemachte Taschen“ stand. Ich war davon seltsam berührt, kam immer wieder, brachte eines Tages sogar meine Kamera mit (das Bild könnt ihr hier sehen) und nahm mir das ganze letzte Jahr vor, darüber zu schreiben. Doch dazu kam es nicht, wohl weil da auch immer auch ein Schmerz mitschwang, wenn ich an die Taschen und das handgeschriebene Schild dachte, und weil ich wusste, dass das etwas mit meiner eigenen Arbeit zu tun hatte, die ich manchmal gar nicht mehr als liebevoll handgemacht wahrnehmen konnte.

Wann war das alles so kompliziert geworden? Diese Frage kam mir immer wieder in den Sinn. Wann war aus dem Stand auf dem Waldorfbasar ein Onlineshop geworden, aus dem handgeschriebenen Schild ein professionelles visuelles Erscheinungsbild, aus dem Einfach-Machen eine Strategie, aus der Herzenssache ein Business mit Erwerbsdruck, das mich so sehr fordert? Warum muss ich mittlerweile mindestens genauso viel Zeit und Energie in das Marketing für meine Angebote stecken wie in deren Kreation? Welche Zukunftsaussichten, vor allem wirtschaftliche, hat das Puppenmachen in Zeiten wie diesen? Und wie geht es mir damit?

Natürlich freue ich mich und bin stolz auf das, was ich mit Mariengold erreicht habe. Ich empfinde meine Arbeit als zutiefst erfüllend und sinnvoll, schätze die Erfahrungen und die Expertise, die ich mir aufgebaut habe, verspüre nach all den Jahren immer noch eine große Begeisterung und ein großes Interesse für Puppen und Puppenmachen und genieße die Begegnungen und den Austausch mit Menschen, die all das genauso lieben wie ich. Aber die letzten vier Jahre haben etwas mit mir gemacht.

Vor allem habe ich erst einmal Abschied genommen – und das war ein langer, harter Prozess – von dem Wunsch und dem Anspruch, von meiner Arbeit mit den Puppen leben zu können (und bin mir der Privilegien bewusst, die es mir erlauben, einer Arbeit nachzugehen, von der ich nicht leben kann). Die äußeren Umstände mit den diversen Krisen, die wir gerade erleben, sind äußerst schwierig für mein Handwerk und das wird sicher auf lange Sicht so bleiben. Deshalb möchte ich meine Arbeit aber nicht aufgeben, sondern weitermachen, trotz alledem. Weil ich fest daran glaube, dass Puppen Licht sind und Puppenmachen die Kraft hat, uns zu heilen und miteinander zu verbinden.

Für mich wird es in den nächsten Jahren darum gehen, genau das in die Welt zu tragen, durch meine Puppen, die Kurse und Workshops, den Podcast mit Laura, mein Schreiben. Es wird immer noch auch darum gehen, damit Geld zu verdienen (weil es ohne nun einmal nicht geht), aber nach meinem wirtschaftlich schlechtesten Jahr aller Zeiten bin ich bereit, es neu zu denken und anders zu machen und mehr und konsequenter in mein Wesen als Künstlerin, Wegbegleiterin und Brückenbauerin (Aszendent Waage) hineinzuwachsen. Eine erfolgreiche Unternehmerin wird in diesem Leben sicher nicht mehr aus mir werden, aber das ist auch nicht meine Bestimmung. Mein Gold liegt woanders, das ist eine wichtige Erkenntnis aus den Krisenjahren und der Kompass darf jetzt neu ausgerichtet werden und zwar wieder vollkommen auf liebevoll und handgemacht und der Verbundenheit gewidmet.

In diesem Sinne möchte ich versuchen, die Dinge in diesem Jahr etwas anders anzugehen: leichter, verspielter, mit weniger Kopf und Hochglanz, dafür spontaner, mutiger, entschlossener. Ich werde neue Kursformate ausprobieren, wieder mit meinem Handwerkszeug auf Reisen gehen, Ideen gedeihen lassen, die Menschen über das Puppenmachen in Verbindung mit sich selbst bringen, mit Laura den Podcast weiterentwickeln, mein Schreiben über Puppen/machen in eine neue Form (und vielleicht auch an einen neuen Ort) bringen, das Thema Reparieren weiter erforschen und sowieso immer weiter und noch tiefer in das Mysterium Puppe eintauchen.

Ich freue mich auf alles, was kommen mag, auf die Begegnungen und Entdeckungen unterwegs und auf den Menschen, der ich Ende des Jahres sein werde. Es ist mir eine Freude und Ehre und ich bin sehr, sehr dankbar, dass ich mit meinem Wirken ein klitzekleiner Teil Eurer Liebe für die Puppen sein darf.

Alles Liebe für 2024 und immer wieder ein unerschrockenes Herz und großes Ja für die Zumutungen und Wunder des Lebens!

Work

in: Einblicke und Ausblicke