Als ich Anfang des Jahres die Kiste mit meinen Mariengold-Erinnerungsstücken öffnete, war ich schier überwältigt von der Fülle, die sich mittlerweile angesammelt hat. Eigentlich bin ich überhaupt keine Sammlerin und sortiere in allen Bereichen regelmäßig aus, was ich nicht mehr brauche. Nur diese Kiste bleibt seit 15 Jahren unangetastet. Da lagern viele schöne Schätze und Andenken, die es eigentlich verdient hätten, mal ans Licht geholt zu werden.
So kam mir die Idee für #12erinnerungssstücke2021, eine Aktion, bei der ich jeden Monat diesen Jahres ein Erinnerungsstück von meiner Reise mit Puppen/machen auf meinem Instagram-Account teile. Hier auf dem Blog fasse vier Mal drei Monate zusammen, heute zum letzten Mal:
Erinnerungsstück 10/12: Puppenmachen, das macht man eher allein. Die meiste Zeit ist das ok für mich, denn ich mag Stille und Zurückgezogenheit. Aber ich brauche auch Gemeinschaft und Gleichgesinnte. Deshalb gebe ich monatliche Kurse und mache den Echte-Puppen-Podcast mit meiner Freundin Laura von 1000 Rehe. Ein Versuch, regelmäßig in Gemeinschaft zu kommen, war auch unser Berliner Puppenmacherinnenkollektiv 8Hände, zu dem neben Laura und mir auch Anita von Lilla Kirrivi und Julia von Von Kowalke gehörten. Nach unserer Gründung 2013 trafen wir uns vier Jahre lang mehrmals im Jahr, um gemeinsam zu werkeln, uns auszutauschen, neue Techniken auszuprobieren, Ausstellungen zu besuchen, Kaffee zu trinken, zu quatschen. Einmal unternahmen wir sogar einen Ausflug zum Puppenfestival in Neustadt bei Coburg und krönender Abschluss war ein Besuch in Anitas neuem Zuhause in der Oberlausitz, wo wir ein herrliches langes Wochenende lang in nichts anderem schwelgten als Puppen/machen. Das war auch das vorletzte Mal, das wir uns in dieser Runde sahen. Es ging schließlich auseinander, als wir nicht mehr alle in derselben Stadt lebten. Was ich aus der Zeit mitnehme: Bei aller Freude, die wir miteinander hatten, ging es immer auch um etwas Größeres, um Verbindung über uns vier hinaus, und ich spürte jedes Mal, dass wir in Wirklichkeit nicht nur acht Hände waren, sondern viel, viel mehr, mindestens doppelt so viele, wie es Puppennähverliebte auf dieser Welt gibt.
Erinnerungsstück 11/12: 2013 und dann noch einmal 2017 hatte ich das große Vergnügen, mit Okka Rohd Puppen für ihre beiden Töchter zu nähen. Bis dahin kann ich sie nur von ihrem wunderbaren Blog Slomo, der bis heute mein absoluter Lieblingsblog ist, auch wenn er jetzt schon länger stillliegt. Okka kann unfassbar gut schreiben, sie hat einen liebevollen, ja poetischen Blick auf das Leben und eine verlässliche Spürnase für Bücher, Musik, Rezepte, Kleidung und alle möglichen interessanten Fundstücke aus dem Internet. Von ihr habe ich gelernt, wie man einen persönlichen Blog macht, ohne dabei allzu privat zu sein, und meiner eigenen Schreibstimme zu vertrauen. Wie ich das erste Mal mit meinem Handwerkszeug in ihrer Küche gelandet bin, weiß ich gar nicht mehr, aber es war das schönste Blind Date meiner Zeit als Puppenmacherin und wir mochten uns auf Anhieb. Als sie dann auf ihrem Blog über unseren Puppennähtag schrieb und die Überschrift „Der beste Tag, eine tolle Frau und eine Puppe“ lautet, hätte ich die ganze Welt umarmen können. Kurz darauf gab es noch einen Nachschlag dieses schönen Gefühls. Da entdeckte ich nämlich auf S. 68 ihres gerade erschienen Kochbuchs „Herdwärme“ den zerliebten Teddybären ihrer Tochter Fanny in der rot-hellblauen Kleidung, die ich ursprünglich für die Puppe angefertigt hatte. Da war sie wieder, die Poesie des Alltags, die zart-stürmische Berührung meines Herzens, für die ich Okka und Slomo so gern habe und die mir letztlich auch meine ganz eigene Welt des Schreiben und Teilens im Internet eröffnet haben.
Erinnerungsstück 12/12: Als im Dezember 2013 ein Beitrag über mich und Mariengold in der BRIGITTE erschien, war das eine große Sache für mich. In der Einleitung stand damals: „Sie sind Mutter und Unternehmerin – und schaffen sich ihre familienfreundlichen Jobs einfach selbst. Diese Frauen haben ihr Leben mit Kindern als Inspiration für den Neustart genutzt.“ Das stimmt und ist doch nur ein Teil der Wahrheit. Heute, acht Jahre später, würde ich die Geschichte anders erzählen. Denn je weiter ich komme auf diesem Weg, desto mehr verstehe ich mein Warum. Puppen sind faszinierend, ein schier unlösbares Rätsel, denn in ihrer Daseinsform zwischen toter Materie und beseelt wirkender Lebendigkeit sind sie kaum zu begreifen. Das Mysterium Puppe zu erforschen heißt auch, dieses wunderbare, rätselhafte Menschsein zu erforschen und zu lernen, lernen, lernen. Etwas Schöneres kann ich mir kaum vorstellen. Die Reise geht weiter.
Ganz lieben Dank an alle, die bei dieser Aktion mitgemacht haben!