17. August 2018

Sommer sammeln

Sommer sammeln, wie leicht das ging in diesem endlosen Sommer 2018, vor allem an diesem magischen Ort, unserem zweiten Zuhause, an dem wir Jahr für Jahr drei Wochen pures Glück erleben. Ich liebe es, dort die Natur zu erkunden, durch den Wald zu streifen, wo sich Teppiche von Tausenden von Blaubeerbüschen befinden, die mich locken und meine Finger dunkel färben. Das ist meine Meditation. Die äußere Natur, das herrliche, wildromantische Tessin, führt mich zu meiner inneren Natur, ich fühle mich selber wieder mehr und Freude stellt sich ganz natürlich ein. Aus der Vogelperspektive sehe ich auch meinen Alltag in Berlin deutlicher und kann in aller Ruhe alle Fragen und Themen durch mein Herz wandern lassen.

Tee aus frischer Bergpfefferminze, angenehm erquickend in dieser großen Hitze. Jedes Jahr etwas mehr Italienisch lernen. Alte Freunde wiedertreffen, neue Freunde finden. Zeit haben. Stundenlang der Mondfinsternis folgen. Das Dorf im Vollmondschein. Und jede Nacht der Mars am Himmel. Immer tiefer in die Geschichte dieses Ortes eintauchen. Überhaupt: In die Tiefe gehen. Heiße Tage, kühle Abende. Aufwachen nach einem Gewitter. Hühner, sie zu beobachten, mit ihnen zu leben, ist so unterhaltsam. Ein Büschel Gras in der Hand. Dass sie jeden Tag beim Melken geholfen hat (größter Ziegenfan seit acht Jahren). Regen, der aufs Blechdach prasselt (dieses Jahr ein seltenes Vergnügen). Ein plötzlicher Steinschlag ganz in der Nähe mit der Wucht eines Gewitterdonners, der durch Mark und Bein geht. Gemeinsam kochen und groß tafeln am Abend. Immer unter freiem Himmel. Wolkenlos. Das Alpenglühen am Schweizer Nationalfeiertag, als würde der Berg von innen her leuchten. Das Wetter so sonnig frohlockend, dass fast alle Bücher ungelesen bleiben. All die kleinen liebgewonnenen Besonderheiten (und auch Verrücktheiten) des Dorfes und seiner menschlichen und tierischen Bewohner. Der Duft von Brot, Pizza, Kuchen aus dem großen Holzofen. Geschenke aus dem Alpgarten (dieses Jahr waren die Bohnen und Erbsen sehr gut). Grashüpfer, die den Weg säumen. Der Geruch von Holzasche an kühlen Tagen. Mit der Zeit immer mehr Ziegen beim Namen kennen. Warmer Wind im Gesicht. Glühender Stillstand. Gold hinter den Augen. So viel Liebe in allen Dingen, in allem Tun. Pures Sein.

Und jetzt wieder Berlin. Mit frischen Erlebnissen und Erinnerungen im Herzen, innerer Stille und innigem Berührt-Sein und einem blütenweißen Blatt für neue Pläne und Erfahrungen wie zu Beginn des Jahres. Oh, wie sehr ich das mag. Willkommen zurück.

in: Bergsommer