Von den Künstlerinnen, die in den Aufbruchsjahren der Reformzeit Anfang des 20. Jahrhunderts mit ihren Puppen die Idee vom künstlerischen und dem spielenden Kind angemessenen Gebrauchsgegenstand umsetzten, ist Käthe Kruse eine der bekanntesten und bedeutendsten. Bis heute wird ihr Lebenswerk mit der Traditionsmanufaktur Käthe Kruse GmbH in Donauwörth fortgeführt.
In ihrer Autobiographie „Das große Puppenspiel“ erzählt die Künstlerin aus ihrem Leben, das mit Beginn ihres Mutter-Seins vor allem den Puppen gewidmet war.
Das Buch kann ich nur allen ans Herz legen, die Puppen und Puppenmacherei lieben. Es ist informativ, unterhaltsam und begeisternd. Viele Stellen und Zitate begleiten mich seit vielen Jahren und haben meinen Weg als Puppenmacherin nachhaltig inspiriert. Einige davon möchte ich gern mit euch teilen.
Da ist zum Beispiel Käthe Kruses Ehemann, der Bildhauer Max Kruse, der sich weigerte, seinen Töchtern die gewünschten Puppen zu kaufen: „Nee, ick koof Euch kenne Pauppen. Ick find’se scheißlich. Wie kann man mit einem harten, kalten und steifen Dings mütterliche Gefühle erfüllen. Macht Euch selber welche! – Eine bessere Gelegenheit, Dich künstlerisch zu entwickeln, kannst Du Dir gar nicht wünschen!“.
Damit begann Käthe Kruses Weg mit den Puppen. Zunächst nur für ihre eigenen Kinder, die „die Puppen, die ich ihnen machte, so zärtlich (liebten), als wären sie wirkliche, lebende Kinder“.
Als „ziemlich schauderhaft“ beschreibt sie ihre ersten Puppen, aber mit Potenzial, denn „ansehen aber konnte man ihnen, dass sie der Beginn der Verwirklichung eines neuen Gedankens waren. Die Vereinigung von Primitivität und Natürlichkeit ist das Geheimnis meiner Puppen.“.
Bald sprach sich herum, dass Käthe Kruse besondere Puppen zum Spielen für Kinder herstellte. Sie wurde zu Ausstellungen eingeladen, erhielt Auszeichnungen, Anerkennung und Aufträge aus der ganzen Welt und baute eine eigene Werkstatt auf, in der sie Puppen nach ihrem Konzept und gegen den herrschenden Markt herstellte: „Handarbeit! Ich bin von diesem Prinzip nie abgegangen und werde auch nie davon abgehen. Die Hand geht dem Herzen nach. Nur die Hand kann erzeugen, was durch die Hand wieder zum Herzen geht. Dafür gibt es wohl kein überzeugenderes Beispiel als die Puppe.“.
Und weiter: „Denn was ist eine Puppe, auf die einfachste Formel gebracht? Die Puppe muss etwas zum Liebhaben sein. Das ist ihr Sinn und Zweck. Und was hat man lieb? Was ist es, was Liebe erweckt, was Liebe ist? Da sind wir auf einmal von der Puppe zum allertiefsten Problem gelangt. Es gibt eben keine kleinen Dinge im Leben, überall ist’s tief. Man muss nur hinsehen wollen. Liebe ist umarmen wollen, zärtlich sein dürfen, streicheln, anschmiegen, sorgen, pflegen dürfen. Alle Liebe beginnt und endet damit. Man liebt nicht etwas, ohne den Wunsch, es umarmen, wenigstens anfühlen zu dürfen. (…) Anfassen wollen wir, was uns zarte, liebevolle Empfindungen erweckt. Und daraus folgt, dass Fühlen und Anfühlen dasselbe sind.“.
Dabei spart die Künstlerin auch nicht mit Kritik an der etablierten industriell hergestellten Puppe: „Naturalismus hat nichts mit Natürlichkeit zu tun, gar nichts. Realistik ist Panoptikum, Wachsfigurenkabinett, Schreckenskammer – abstoßend und furchterregend. Natürlichkeit dagegen wird von der Seele des Kindes aufgenommen, ohne dass es seine natürlichen Gefühle zu verbiegen braucht, – um lieben zu können.“.
Liebe und Gefühle, immer wieder tauchen sie in Käthe Kruses künstlerischer Konzeption auf: „Es gibt keine plastische Form (und auch die Puppe, in jeder Art, ist Form), die nicht Gefühle erweckt.“. Ihre kleine Tochter Mimerle führt ihr die Bedeutung und den Sinne des Spielzeugs vor Augen: In „die geborene, schützende, kleine Mutter verwandelt die Puppe das fünjährige Kind beim Spiel.“.
Damit passen ihre Puppen perfekt zu den Gedanken der Reformpädagogik, die sich in jenen Jahren entwickelte und deren wichtigstes Erziehungsziel die Entwicklung der naturangelegten Kräfte wie die der Phantasie, Neugier und Nachahmung bei den Kindern war.
Stets war es die Natur des Kindes, die im Mittelpunkt von Käthe Kruses künstlerischer Gestaltung stand. Puppen zum Liebhaben wollte sie herstellen. Puppen, die natürlich aussehen und sich gut anfühlen.
Was damals eine große Innovation in der Spielzeugherstellung war, inspiriert auch heute noch Frauen auf der ganzen Welt zu handgemachten Puppen für ihre Kinder. Denn nach wie vor gilt: Die Hand geht dem Herzen nach …
„Das große Puppenspiel“ von Käthe Kruse ist 1961 im Verlag Puppen & Spielzeug erschienen, wird aber nicht mehr aufgelegt und ist noch nur antiquarisch erhältlich. Ich verlose ein Exemplar. Wenn ihr das Buch gewinnen möchtet, schreibt bis Donnerstag Nacht an hello@mariengold.net. Den Gewinner werde ich am Freitag auslosen und benachrichten. Viel Glück!
(Die Gewinnerin des Buches ist Véronique.)
(Disclaimer: Aufgrund der derzeitigen Rechtslage, die schon das bloße Nennen von Marken und Verlinken von Produkten, Marken, Menschen, Orten usw. als Werbung einstuft, kennzeichne ich diesen Beitrag als einen mit WERBLICHEN INHALTEN. Dennoch gilt: Wenn ich hier etwas oder jemanden benenne und als gut befinde, geschieht das als persönliche Empfehlung und im Rahmen meiner redaktionellen Themenauswahl. Alle hier gesetzten Links sind ein kostenloser Service von mir – unbezahlt und unaufgefordert. Alle hier genannten Produkte sind selbst gekauft. Bezahlte Kooperationen, sollte es sie jemals auf meinem Blog geben, würden immer ganz eindeutig als solche gekennzeichnet werden.)